Regionalverband gewinnt Rechtsstreit – Lichtenberger verliert Ansehen

Regionalverband gewinnt Rechtsstreit – Lichtenberger verliert Ansehen

Klarheit und Rechtssicherheit für die Stadt und die drei betroffenen Kleingartenvereine sollte der Gerichtstermin vor dem Oberlandesgericht in Dresden: „Stadt Wurzen ./. Regionalverband Muldental der Kleingärtner e. V.“ am gestrigen Donnerstag bringen.

Dass noch immer keine Rechtssicherheit erreicht werden konnte, lag unter anderem daran, dass Regionalverbandspräsident Frank Lichtenberger wie auch die mit ihm nicht verwandte Vizepräsidentin sich erst am Verhandlungstag beide krank gemeldet hatten, was seitens des Vorsitzenden Richters am OLG Kopp sichtlich als merkwürdig eingeschätzt wurde – nicht zuletzt wohl deshalb, weil die Sitzung, wie im Verlauf deutlich wurde, letztlich nur deshalb angesetzt wurde, um möglichst eine gütliche Einigung der Parteien zu erreichen.

Der Grund dafür wurde im Rahmen der Verhandlung deutlich. Zunächst schloss sich das OLG nämlich der Auffassung der ersten Instanz im Verfahren, des LG Leipzig an, wonach das strittige Pachtverhältnis zwischen Stadt Wurzen und RV durch die seitens der Stadt ausgesprochene Teilkündigung vom 21.04.2017 nicht wirksam beendet wurde, da keine der dafür nach § 10 Abs. 2 des Bundeskleingartengesetzes geforderten Voraussetzungen erfüllt seien.

Allerdings, so der Vorsitzende Richter, hätte die Möglichkeit bestanden, bei Vorliegen ausreichender Gründe den Gesamtpachtvertrag zwischen Stadt und Regionalverband zu kündigen. Dies habe die Stadt, so deren Rechtsanwältin Anne-Katrin Seyfarth, bewusst nicht getan, weil das Ziel gewesen sei, möglichst mit behutsamen Schritten Ruhe in die seit vielen Jahren schwelenden gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Regionalverband und betroffenen Kleingartenvereinen zu bringen und nicht das gesamte Kleingartenwesen der Stadt in die Streitigkeiten zu involvieren.

Diese gut gemeinte Zurückhaltung fällt der Stadt nun wohl auf die Füße, denn wenn, wie Richter Kopp mehrmals mit dem Zaunpfahl winkte, die Stadt mit den damals vorliegenden Gründen eine Gesamtkündigung des Hauptpachtvertrages ausgesprochen hätte, wäre diese vom OLG ggf. bestätigt worden. Insofern ist das mit der Feststellungsklage verbundene Anliegen, das Oberbürgermeister Jörg Röglin im Rahmen der jüngsten Stadtratssitzung noch einmal formuliert hatte, als Eigentümer der Flächen selbst entscheiden zu können, mit wem man Pachtverträge abschließt, so letztlich doch im Sinne der Stadt bestätigt worden. Klarheit besteht nun wohl zumindest insofern, dass, sollten zukünftig wieder ausreichende Kündigungsgründe seitens des Regionalverbands vorliegen, eine Kündigung des Gesamtvertrages eine aussichtsreiche Option wäre.

Um dem zu entgehen, rate das Gericht, so der Vorsitzende Richter, dem Regionalverband, eine gütliche Einigung mit den aus dem Regionalverband ausgeschlossenen drei Kleingartenvereinen und der Stadt anzustreben und den Streit einvernehmlich beizulegen. Auf die Mitteilung von Rechtsanwalt Duckstein, der in Abwesenheit von Präsident und Vizepräsidentin den Regionalverband allein vertrat, dass er strenge Weisung vonseiten des Verbandspräsidiums habe, keinerlei Vergleichsverhandlungen zu führen, reagierte Richter Kopp dann doch mit deutlicheren Worten.

Es sei dringend an der Zeit, dass Verbandspräsident Lichtenberger von seinem hohen Ross herunterkomme und sein Ego herunterschraube. Zu berücksichtigen sei unter anderem, dass es einen Unterschied zwischen Mitgliedschaftsrecht im Regionalverband und Pachtvertragsrecht gebe. Er frage sich auch, ob bei der Ausgestaltung des zur Debatte stehenden, 1991 geschlossenen Pachtvertrages überhaupt Volljuristen am Werke gewesen seien. So stehe dort z. B. geschrieben, dass durch den Regionalverband eine Verpachtung an die Vereinsvorstände (also die Personen) erfolgen solle, anstatt an die Vereine, es gebe durch die Vermischung von Verwaltungsvereinbarungen und Zwischenpachtverträgen zudem eine zweifache Verpachtung sowohl an die Kleingartenvereine als auch an die einzelnen Pächter. Es tue dringend Not, hier generell einen neuen Generalpachtvertrag abzuschließen, der juristisch hieb- und stichfest sei.

Auch bei einer Überprüfung der Satzung des Regionalverbandes würden sich einem Juristen buchstäblich „die Haare sträuben“. Ein Ausschluss beispielsweise von Mitgliedern durch Entscheidung von Verbandsgremien ohne die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, sei schlicht rechtswidrig. Das Verbandspräsidium habe sich hier mit einer beträchtlichen Machtfülle ausgestattet.

Zusammenfassend erklärte der Vorsitzende Richter am OLG Kopp abschließend, dass eine Teilkündigung des Hauptpachtvertrages vom 26.02.1991 nicht möglich sei, da Gründe laut § 10 Abs. 2 Bundeskleingartengesetz nicht vorliegen würden. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass die Sitzung vonseiten des Gerichts einberufen worden sei, um möglichst eine für die Zukunft tragfähige Lösung anzustreben. Nachdrücklich rege er an, dass die Parteien ihren Rechtsstreit einvernehmlich bereinigen sollten, wobei insbesondere der Beklagte berücksichtigen möge, dass er im Falle einer wirksamen Gesamtkündigung des Hauptpachtvertrages, sollten künftig ausreichend Gründe dafür vorliegen, ganz ohne Pachtflächen dastehen würde. Als Verkündungstermin für die Gerichtsentscheidung werde Donnerstag, der 25.06.2020 festgelegt.

Wie es nun für die betroffenen Kleingartenvereine weitergeht, wird sich wiederum vor Gericht entscheiden, denn nun müssen laut Rechtsanwalt Patric Blum die derzeit ruhenden Verfahren, die der Regionalverband gegen die KGV „Am Doktorteich“ und „Muldenaue“ angestrengt hat, weitergeführt werden.