Wurzener gedenken ehemaliger jüdischer Mitbürger

Wurzener gedenken ehemaliger jüdischer Mitbürger

„… aber zu dieser Jahreszeit sind Sie und unsere Freunde in Wurzen besonders in meinen Gedanken. Ich werde morgen Abend eine Kerze anzünden und an die Stolpersteine-Zeremonie denken. Bitte übermittelt meine Liebe und meinen Dank an alle, besonders an die Kinder, die die Steine  polieren werden und sich an meine Familie und die anderen drei jüdischen Familien erinnern. Das ist ein großer Trost für mich.“

Keren Ludlow, von der diese berührenden Worte stammen, ist die Enkelin von Hugo und Hedwig Luchtenstein und Tochter des jüngeren Sohnes Hans Luchtenstein / Ludlow. Sie ist eine der Nachfahrinnen ehemaliger Wurzener Juden, zu denen seitens der Stadt mittlerweile sehr intensive Kontakte bestehen und von denen einige auch bei der Verlegung der Stolpersteine, die an ihre Familie erinnern, dabei waren.

Seit mehreren Jahren bemüht sich die Arbeitsgruppe „Stolpersteine“ um Gabi Kirsten, Ulrike Ernst, Ingo Stange und Conny Hanspach, das Andenken an die jüdischen Einwohner Wurzens wachzuhalten, die in der Zeit des Nationalsozialismus aus der Stadt vertrieben und umgebracht wurden. An sechs Stellen in der Stadt, wo jüdische Mitbürger gewohnt und gearbeitet haben, sind mittlerweile 19 Stolpersteine verlegt worden, mit denen an ihr Schicksal erinnert werden soll.

Rund 150 Wurzenerinnen und Wurzener, darunter auch viele Kinder und Jugendliche, trafen sich am Sonnabend in der Jacobsgasse, um die dort für die Familien Luchtenstein und Goldschmidt verlegten Stolpersteine zu putzen, im Gedenken an die Opfer des Holocaust Kerzen aufzustellen, Blumen niederzulegen und sich an ihre Geschichten zu erinnern.

Danach führte der Weg in die Domgasse zu den Stolpersteinen für die Familie Seligmann und anschließend in die Wenceslaigasse/ Ecke Färbergasse zu den Stolpersteinen für die Familie Helft. Den Abschluss bildete ein Friedensgebet, zu dem Pfarrer Alexander Wieckowski in die Wenceslaikirche einlud.

Wie wichtig das Erinnern an diesen Teil der Wurzener Vergangenheit ist, betonte Oberbürgermeister Jörg Röglin, der vor allem Ulrike Ernst und Gabi Kirsten dafür dankte, dass sie mit ihrer unermüdlichen Recherchearbeit „den Opfern Gesichter und Namen gegeben haben“.

Unter anderem der Arbeit dieser beiden ist es zu verdanken, dass sich über die deutschen Grenzen hinaus das Verhältnis zur Stadt Wurzen verändert hat. Eve Mc Clean, eine weitere Enkelin von Hugo und Hedwig Luchtenstein und Tochter des ältesten Sohnes Walter, schrieb anlässlich des Gedenkens an die ermordeten Juden unserer Stadt in einer Mail:

„Es ist ein wunderbarer Gedanke für uns zu wissen, dass Sie in Wurzen alles für uns erledigen. Wir werden sicher morgen Abend mit unserer Liebe und Dankbarkeit an dich denken. Wir denken so oft an euch und an die Veränderung in unserem Leben, seit wir euch alle getroffen haben. Es hat mein Leben komplett verändert.“