Wurzener Jugendliche stellen sich „Corona-Gegnern“ entgegen – Landratsamt und Polizei versagen

Wurzener Jugendliche stellen sich „Corona-Gegnern“ entgegen – Landratsamt und Polizei versagen

Eine Kunstinstallation, klare Ansagen und nicht zuletzt eine große Portion Mut – junge Wurzener haben eindrucksvoll demonstriert, mit welchen Mitteln man Verschwörungstheoretikern Paroli bieten kann.

Die FridaysForFuture Ortsgruppe Wurzen hatte am vergangenen Freitag eine Demonstration auf dem Wurzener Markt angemeldet, in Form einer Mahnwache, um der bereits eine Woche zuvor angekündigten Demo „Für Grundrechte gegen Coronamaßnahmen“ etwas Konstruktives entgegenzusetzen.

„Unser Ziel war es, mit unserer Aktion gegen Verschwörungstheorien und Bruch der Schutzmaßnahmen zu stehen. Aufgrund der Entscheidungen des Landratamtes wurde uns dies jedoch stark erschwert, da wir uns mit den emotionalisierten Wutbürgern den Marktplatz teilen mussten. Was unsere Sicherheit in mehreren Hinsichten stark gefährdete“, erklärt Emma (17, Schülerin).

Matti (18, Abiturient) berichtet: „Begonnen wurde mit waghalsigen Verschwörungstheorien über die Pharma-Industrie, welche angeblich schon jetzt einen Corona Impfstoff besitzen würde. Doch wirre Gedanken fanden auch bei unserem Thema der Nachhaltigkeit Anwendung. Jegliche*r Wissenschaftler*in würde vor Schande niederknien, wenn er/sie hören müsste, wie Menschen, die ‚das Internet‘ als Quelle benennen, beschreiben, dass schon Nikolai Tesla vor vielen Jahren alle Probleme der Energieversorgung gelöst hätte.“

Im Nachhinein zeigen sich die Jugendlichen sehr zufrieden mit dem Erfolg ihrer Kunstinstallation. Sie habe reges, generationenübergreifendes Interesse gefunden. „Auch der kleinere zurechnungsfähige Teil der wirren Hygienedemonstranten trat in einen hitzigen Diskurs über Sinn und Bedeutung der Installation. Auch beiwohnende Passant*innen bemerkten der Widerspruch zu der Corona-Demo.“, heißt es in einer Presseerklärung.

Weniger zufrieden kann man angesichts des Auftretens von Polizei und Landratsamt sein. Entgegen der vorab geäußerten Beteuerungen der zuständigen Versammlungsbehörde wurden die Jugendlichen vor den befürchteten und auch eingetretenen Übergriffen auch nach entsprechenden Hinweisen und Bitten um Unterstützung nicht geschützt. Trotz der offensichtlichen Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung aufseiten der „Corona-Gegner“ griffen weder Polizei noch Landratsamt ein, selbst dann nicht, als sich nach gut einer Viertelstunde und nochmaligem Hinweis an den Veranstaltungsleiter keine wesentliche Änderung im Verhalten der Demonstrationsteilnehmer zeigte.

Als sich Teilnehmer der Demo „Für Grundrechte gegen Coronamaßnahmen“ demonstrativ, vermutlich auch provokativ, ohne Mundschutz und ohne Einhaltung des Mindestabstands in dem Bereich aufstellten, der per Bescheid des LRA den Jugendlichen vorbehalten war, wurden diese nach Aufforderung, den Bereich zu verlassen, stattdessen angepöbelt mit den Worten: „Geht erst mal arbeiten!“ Der so angesprochene junge Mann schreibt übrigens gerade unter widrigsten Umständen seine Abiturprüfungen und hat sich trotzdem in den letzten Wochen ehrenamtlich sehr intensiv im Rahmen der Nachbarschaftshilfe Wurzen für bedürftige Mitmenschen eingesetzt, unter anderem bei der Absicherung der Tafel-Arbeit.

Polizei und LRA haben nichts unternommen, um für die Einhaltung der Gebietsauflagen zu sorgen, immerhin wurde den Jugendlichen auf entsprechenden Hinweis aber zugesichert, man würde diesen Verstoß, der sich in ihrem Bereich ereignete, nicht ihnen anlasten!

Auf direkte Frage der Autorin an die Vertreterin des Landratsamtes, warum gegen die Verstöße gegen die Corona-Auflagen nicht eingeschritten werde, erklärte diese, sie sei lediglich als Vertreterin der Versammlungsbehörde vor Ort und nicht für die Einhaltung der Corona-Schutzverordnung zuständig!

Auch der nach Ende der Kundgebung Bier trinkend ohne Mundschutz und eng beisammenstehend verbliebene harte Kern der „Corona-Gegner“ wurde in keiner Weise belangt. „An der Corona-Demo nahmen auch bekannte Neo-Nazis teil. Unserer Bitte eine räumliche Trennung vorzunehmen und uns so vor gewaltbereiten Extremisten zu schützen, kam die Polizei nicht nach. Für unsere Sicherheit und den Gesundheitsschutz hätte dies aufgelöst werden sollen. Glücklicher Weise blieb der Abend abgesehen von Beleidigungen friedlich. Es hätte jedoch auch vollkommen anders ausgehen können.“ so die Jugendlichen, die sich trotz allem nicht entmutigen lassen wollen.

„Auch auf Grund der positiven Resonanz von Anwohner*innen, die sich ebenfalls von den Verschwörungstheoretiker*innen gestört und bedroht fühlen, beabsichtigen wir weiterhin eine faktisch fundierte, seriöse Alternative zu bieten. Bei zukünftigen Aktionen werden wir weiterhin unsere Stimme erheben und durch Redebeiträge die eigene Position deutlicher schildern, auch wenn unsere Aktivist*innen im Nachhinein beleidigt und bedroht werden.“, meint Sabine (19, Studentin).

Bleibt zu hoffen, dass beim nächsten Mal die zuständigen Behörden bessere Mittel finden.