Bürgerinitiative kämpft für sicheren Radverkehr – Polizei sagt Unterstützung zu

Bürgerinitiative kämpft für sicheren Radverkehr – Polizei sagt Unterstützung zu

Solche Bilder sollen bald der Vergangenheit angehören – beim von der Stadtverwaltung Wurzen anberaumten Ortstermin in Streuben an der S42 waren sich am vergangenen Montag alle Teilnehmer wenigstens in einer Sache einig: Entsprechend der gültigen Regelungen in der Straßenverkehrsordnung ist das Überholen von Radfahrern durch Lkw auf der S42 zwischen Kühren und Sachsendorf aufgrund der zu geringen Straßenbreite verboten!

Wie dies umgesetzt werden kann, ist allerdings noch immer fraglich, denn bisher hält sich nur ein sehr geringer Teil der Brummifahrer an das Verbot. Seitens der Wurzener Stadtverwaltung hatte sich Michael Zerbs im vergangenen Jahr deshalb auf Anregung von Verkehrsminister Martin Dulig für die Aufstellung eines vom ADFC kreierten Hinweisschildes eingesetzt – das allerdings durch das zuständige Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV) Leipzig abgelehnt wurde mit der Begründung, das Hinweisschild sei nicht amtlich und in der StVO gebe es keine Festlegung für den Überholabstand von Fahrrädern.

In der aktuell gültigen Novelle der StVO gibt es zwar nun sowohl eine konkrete Festlegung als auch ein amtliches Verkehrsschild, mit dem das Überholen von Fahrrädern untersagt werden kann, auch dieses lehnt das LASuV jedoch ab. Begründung: Das Schild dürfe nur an gefährlichen Stellen aufgestellt werden, die von den Verkehrsteilnehmern nicht als solche erkennbar wären – bei der S42 müsse jedem klar sein, dass der geforderte Sicherheitsabstand von zwei Metern nicht eingehalten werden könne.

Ob dies tatsächlich so ist, wird sich bald herausstellen, denn auf Anregung von Herrn Stein von der Polizeidirektion Leipzig werden nun in Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative Radweg S42 polizeiliche Kontrollen an der Strecke erfolgen. Zudem sollen die Radfahrer Überholvorgänge von Lkw protokollieren, damit die dokumentierten Fahrzeugkennzeichen von der Polizei auch unabhängig von den amtlichen Kontrollen ausgewertet und die betreffenden Lkw-Fahrer ermittelt und gezielt angesprochen werden können.

Für Unmut unter den Vertretern der Bürgerinitiative wie auch bei den anwesenden Stadt- und Ortschaftsräten sorgte das arrogante und teilweise auch abwertende Auftreten des LASuV-Mitarbeiters Frank Walther, der mehr als einmal deutlich machte, dass er für die Nöte der Betroffenen kein Verständnis hat. Davon zeugt z. B. der Ratschlag, Radfahrer, die sich gefährdet sähen, sollten doch künftig eine Schwimmnudel als Abstandshalter am Rad anbringen. Auch sollten Radfahrer, wenn keine geeignete Stelle vorhanden sei, an der sie die Straße verlassen könnten, um den nachfolgenden Verkehr vorbeizulassen, eben direkt auf der Straße anhalten und dann das Rad auf den Randstreifen schieben – selbst wenn das erfordern würde, dass der hinter dem Radfahrer fahrende Lkw dann auch erst einmal anhalten müsste.

Auf den Einwand, dass die von der Behörde vorausgesetzten bzw. geforderten Verhaltensweisen gerade von den Kindern, für die die S42 der Weg zur Grundschule bzw. Kita ist, nur schwer umgesetzt werden könnten, kam obendrein vonseiten des LASuV der Vorwurf, Eltern, die ihre Kinder auf der S42 Rad fahren lassen würden, handelten mit Blick auf die dadurch entstehenden Gefahren verantwortungslos.

Der Bitte, geeignete Stellen für das Verlassen der Fahrbahn anhand eines Lageplans deutlich zu machen, wollte keiner der Verantwortlichen nachkommen. Offenbar ist man sich bei den zuständigen Behörden mittlerweile der Tatsache bewusst, dass die Aussage, der unbefestigte Fahrbahnrand der S42 wäre hierfür ausreichend, kaum einer rechtlichen Prüfung standhalten würde. Laut Uwe Rohland vom LASuV sei die Bezeichnung „geeignete Stelle“ in der StVO ein unbestimmter Rechtsbegriff und hänge vom jeweiligen Verkehrsteilnehmer ab. Im Zweifel hätten die Radfahrer also das Recht, auf der Straße weiterzufahren, selbst wenn dadurch der nachfolgende Verkehr verlangsamt würde.

Warum seitens des LASuV weder der Bau eines straßenbegleitenden Radwegs noch ein normgerechter Ausbau der Strecke, wie vom Ortschaftsratsvorsitzenden Peter Poppe angeregt, umgesetzt wird, erklärte Uwe Rohland unter Verweis auf geltende Rechtsgrundlagen. Für den Radwegbau würden Flächen benötigt, die derzeit landwirtschaftlich genutzt und von den Eigentümern bzw. Pächtern nicht freiwillig zur Verfügung gestellt würden. Für ein Enteignungsverfahren müsse das LASuV nachweisen, dass es einen Bedarf für die Allgemeinheit gibt – dieser werde anhand der Verkehrsbelastung der S42 ermittelt, die laut der letzten Verkehrszählung aber zu gering sei.

Allerdings wachsen bei den Betroffenen die Zweifel an den vom LASuV zugrunde gelegten Zahlen –  als Stadtrat Jens Kretzschmar im Verlauf des Ortstermins anmerkte, dass in der kurzen Zeit seit Beginn immerhin schon sieben Lkws an der Gruppe vorbeigefahren seien, hatte Uwe Rohland nach eigener Aussage bis dahin lediglich drei bemerkt. Vielleicht bringt eine nun geplante eigene Verkehrszählung der Streubener Licht ins Dunkel und veranlasst die Behörde, eine aktuelle amtliche Zählung zu veranlassen – mit transparenten, nachvollziehbaren Rahmenparametern.

Auf Zustimmung bei den Unterstützern der Bürgerinitiative stieß der Vorschlag von Uwe Rohland, statt des amtlichen Überholverbotsschildes doch selbst entsprechende Schilder zu entwerfen – diese könnten auf den Privatgrundstücken entlang der S42 aufgestellt werden, um Kraftfahrer für die Sicherheitsbelange der Radfahrer zu sensibilisieren. Erste kreative Gestaltungsideen gibt es bereits, die demnächst in einer Malaktion mit den Kindern der Kührener Kita umgesetzt werden sollen, mehrere Grundstückseigentümer haben schon ihre Bereitschaft bekundet, ein solches Schild bei sich aufzustellen.

Ob die Ansicht des LASuV, die S42 sei in ihrem derzeitigen Ausbauzustand für alle Verkehrsteilnehmer ausreichend, wenn sich jeder an die gültigen Verkehrsregeln hielte, den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, wird die Zukunft zeigen. Für die Lasterfahrer heißt es jetzt, entweder in Kauf zu nehmen, dass die Fahrzeit zwischen Kühren und Sachsendorf sich um ein paar Minuten verlängert, falls die Straße zeitgleich von Radfahrern benutzt wird, oder im Falle von rechtswidrigen Überholvorgängen empfindliche Strafen bis hin zu Fahrverboten zu riskieren.