Naturschutz versus Ordnungsliebe?

Naturschutz versus Ordnungsliebe?

Blühwiesen und der Schutz heimischer Insekten sind derzeit in aller Munde, auch die Stadt Wurzen will, wie der zuständige Verwaltungsmitarbeiter Michael Zerbs es in der jüngsten Sitzung im technischen Ausschuss formulierte, „den kleinsten Bewohnern der Stadt“ mehr Lebensraum schaffen.

Über die Initiative „Sachsen blüht“ wurden 27,3 kg Saatgut bewilligt, die nach umfangreichen Vorarbeiten auf zwei Flächen in der Rietzschkenaue und in der Kleegasse in den Boden gebracht wurden. Weitere kleinere Blühwiesen sollen, auch in den Ortsteilen, in nächster Zukunft entstehen.

Mit gleichem Ziel, jedoch ganz anderer Herangehensweise haben die Jugendlichen von Fridays for Future sich vorgenommen, die Grünfläche vor dem städtischen Gymnasium zum Insektenparadies zu machen. Anders als bei solchen Projekten üblich, wollen sie dabei aber der Natur ihren Lauf lassen und erforschen, ob es auch ohne aufwendige Vorarbeiten und teures Saatgut möglich ist, heimischen Tieren und Pflanzen eine Lebensgrundlage zu bieten.

Bereits jetzt wachsen auf ihrer Wiese neben zahlreichen unterschiedlichen Gräsern auch Schafgarbe, Rotklee, Johanniskraut, Spitzwegerich und andere Wiesenkräuter ganz von allein. Wenn die Grünfläche künftig, wie mit Stadthaus und Bauhof abgesprochen, nur noch einmal im Jahr gemäht wird und das Mähgut auch eine Zeit lang liegen bleiben kann, haben auch andere Blühpflanzen, so hoffen jedenfalls die jungen Naturforscher, eine Chance, sich dauerhaft anzusiedeln. Die dadurch entstehenden Veränderungen in der Zusammensetzung der Wiese sollen im Lauf der nächsten Jahre dokumentiert werden und auch erforscht werden, für welche Insekten und Kleintiere die jeweiligen Pflanzen die  Nahrungsgrundlage sind.

Dass die von einigen Leuten als unordentlich interpretierte „wilde Unkrautwiese“ nicht bei allen Mitmenschen auf vorbehaltlose Gegenliebe stößt, haben die Jugendlichen bereits im Vorfeld erfahren. Ganz bewusst wollen sie aber auch erforschen, wie die Stadtbevölkerung das vor den Schultoren wachsende Grün annimmt, sind dabei auch auf widersprüchliche Meinungen und Kritik vorbereitet, hoffen aber auch auf Verständnis vonseiten der Erwachsenen.

Einen ersten Austausch gab es bereits mit dem Wurzener Naturschutzbeauftragten Klaus Zeibig, demnächst werden die Jugendlichen die von diesem gepflegte Naturwiese am Wachtelberg besichtigen und bei dieser Gelegenheit wohl viele gute Ratschläge mit auf den Weg nehmen. Den wichtigsten haben sie allerdings schon vorab bekommen: Viel Geduld haben, denn die Entwicklung einer natürlichen Blühwiese dauert mehrere Jahre!

Hinweise, Kritik und/oder Zuspruch sind ausdrücklich erwünscht und bitte an die Fridays For Future Ortsgruppe Wurzen unter wurzen@fridaysforfuture.de zu richten.