Vandalismus am Kührener Höckerberg

Vandalismus am Kührener Höckerberg

Seit einiger Zeit erklärt am Kührener Höckerberg vorbeikommenden Spaziergängern ein Schild, dass der danebenstehende vertrocknete Jungbaum nicht, wie zu vermuten, mangels ausreichender Pflege eingegangen ist:

„Dieses Bäumchen haben unsere Erstklässler im Frühjahr 2024 als ihren Jahrgangsbaum gepflanzt. Es ist gut angewachsen, aber jetzt musste es sterben, weil ein dummer Mensch das Stämmchen dicht über der Erde abgeschnitten hat. Im Herbst pflanzen die Kührener Kinder eine neue Mehlbeere.“

Die Mehlbeere ist eines von insgesamt bereits acht jungen Bäumchen, die in diesem Jahr auf die gleiche Weise Vandalen zum Opfer fielen. Was zunächst wie reine Zerstörungswut anmutete, scheint sich mittlerweile als gezielter Versuch zu entpuppen, die Pflanzaktionen mit den Kührener Kindern in ein schlechtes Licht zu rücken: Die Bäume werden nicht nur zerstört, sondern nach dem Abschneiden direkt neben dem Stumpf wieder in die Erde gesteckt und so befestigt, dass der Eindruck erweckt wird, sie wären auf natürlichem Wege eingegangen.

Experte begleitet Pflanzaktionen

Olaf Kroggel von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e. V. pflanzt jedes Jahr mit vielen unterschiedlichen Akteuren zahlreiche Bäume an den verschiedensten Standorten. Von Beginn an hat er die Baumpflanzungen am Höckerberg in Kühren fachlich begleitet, besorgt die Jungpflanzen, wählt für die jeweilige Baumart den passenden Standort aus und erklärt den Kindern die Besonderheiten ihrer Bäumchen.

Mit gutem Grund werden, so der Baumexperte, im Rahmen des Projekts ganz kleine Setzlinge gepflanzt, zum einen, weil diese bessere Chancen haben, auch anzuwachsen, zum anderen, weil die Kinder so das Wachstum ihrer Bäumchen von Anfang an begleiten können. Aus dem vor 15 Jahren als erstes Jahrgangsbäumchen gepflanzten Berg-Ahorn, Baum des Jahres 2009, ist inzwischen schon ein stattlicher Baum geworden – die damaligen Vorschulkinder haben ihre Schulausbildung inzwischen längst beendet.

Schon 31 „Bäume des Jahres“ wurden gepflanzt

Insgesamt haben die Kührener Kinder am Höckerberg bereits 31 junge Bäumchen gesetzt, denn das Projekt „Baum des Jahres“ der Dr. Silvius Wodarz Stiftung gibt es bereits seit 1989. Damals wurde die Idee geboren, jährlich eine Baumart zum „Baum des Jahres“ auszurufen, um sie mithilfe der Medien in das Interesse der Öffentlichkeit zu stellen. „Wir wollen Menschen an Bäume heranführen und Sensibilität für dieses lebendige Naturgut schaffen. In die Herzen großer und kleiner Menschen pflanzen wir Bäume, um gedankliche Veränderungen anzustoßen, die zu einem nachhaltigen, baumfreundlichen Verhalten führen.“ lautet das Motto der Aktion.

Beginnend mit der Pflanzung der Stiel-Eiche, die 1989 von der Wodarz-Stiftung als erster Baum des Jahres ausgewählt wurde, haben die Kührener Kinder nach und nach auch viele der vor 2009 gekürten Bäume in die Erde gebracht – und dafür jeweils Ehrenpatenschaften an Persönlichkeiten vergeben, die sich in besonderer Weise für die Belange der Kinder aus Kühren und den umliegenden Ortsteilen eingesetzt haben.

Kinder vergeben Ehrenpatenschaft

Zu den Ehrenpaten gehören neben dem ehemaligen Wurzener Oberbürgermeister Jörg Röglin u. a. Steffi Ferl und Peter Poppe, die sich als Stadträte sehr für den Erhalt der vor einigen Jahren von der Schließung bedrohten Kührener Grundschule starkgemacht haben, die ehemalige Kita-Leiterin Antje Romahn, die viele Stunden ihrer Freizeit in die Planung und Umsetzung des Kita-Neubaus investiert hat, sowie Miro Jennerjahn, der als Grünen-Landtagsabgeordneter die Petition der Kührener Eltern an den Sächsischen Landtag unterstützt und dazu beigetragen hat, dass die nötigen Fördergelder für den Kita-Neubau endlich bewilligt wurden.

Des Weiteren stehen die Familien Kromp, Loskarn, Thieme und Binkenstein, die mit finanziellen und materiellen Eigenleistungen den Bau des Kührener Spielplatzes voranbrachten, auf der Liste der Ehrenpaten, ebenso Frau Dr. Viola Heß, die auf dem Weg durch den Fördermitteldschungel des Leader-Programms für den Spielplatzbau eine große Hilfe war, Katja Zschernack, die als Leiterin des Orga-Teams mehrere Spielplatzfeste auf die Beine stellte, und Matthias Lange, der vor nunmehr 15 Jahren die Idee für die Allee der „Bäume des Jahres“ an den Kita-Förderverein herangetragen und das Projekt seither immer mitgetragen hat.

Es gibt auch kritische Stimmen

Doch nicht bei allen stößt das Projekt auf Zustimmung. So äußerte der Kührener CDU-Stadtrat Lothar Schlegel mehrfach öffentlich Kritik an den Pflanzaktionen. Anfang 2019 wollte sogar die Naturschutzbehörde beim Landkreis Leipzig weitere Pflanzungen untersagen – in einem Schreiben aus dem Umweltamt des Landkreises Leipzig, SG Natur- und Landschaftsschutz, hieß es damals, dass „die geplante Bepflanzung aus naturschutzrechtlicher und –fachlicher Sicht gegenwärtig keine Zustimmung finden und zum Teil sogar die Verbotstatbestände nach § 30 Abs. 2 BNatSchG. erfüllen” würde.

Als Begründung wurde angegeben, dass ein Teil der Grünlandflächen am Höckerberg die Kriterien eines Halbtrockenrasens erfülle und deshalb in das Verzeichnis der gesetzlich geschützten Biotope des Landkreises aufgenommen worden sei. „Eine Anpflanzung von Bäumen in diesen Biotop hinein oder im nahen Umfeld würde zu erheblichen Beeinträchtigungen (Aufgrabungen, Beschattung) und damit zu einer Zerstörung desselben führen. Aber auch die sonstigen Grünlandbereiche des Höckerberges sind ökologisch wertvoll und sollten deshalb als solche erhalten bleiben.“

Bei einem Ortstermin am 23. Mai 2019 konnten jedoch die Missverständnisse, die zu diesem Bescheid geführt hatten, geklärt werden. Im Gespräch mit Joachim Quaas, zuständiger Sachbearbeiter im Umweltamt des Landkreises Leipzig, SG Natur- und Landschaftsschutz, stellte sich heraus, dass die Behörde mit ihrem Bescheid u. a. auf ein Schreiben eines „besorgten Kührener Bürgers“ reagiert hatte.

Zerstörte Bäume werden neu gepflanzt

Im Laufe der Jahre ist es immer wieder zu Verlusten junger Bäume gekommen und immer wieder war dabei auch der Verdacht aufgekommen, dass eventuell Sabotage im Spiel sein könnte, jedoch wurde bisher ein Ausmaß wie in diesem Jahr noch nie erreicht. Die Bäumchen wurden, zum Teil mehrfach, im Rahmen weiterer Pflanzaktionen nachgepflanzt.

Ein Teil der in diesem Jahr zerstörten Bäumchen hat dank liebevoller Pflege inzwischen wieder ausgetrieben, einige konnten auch sofort durch neue Pflanzen ersetzt werden. Die restlichen fehlenden Bäumchen bringen die Kührener Kinder in der kommenden Woche in die Erde, perspektivisch sollen die Pflanzungen so weitergeführt werden, dass ein Rundkurs um den Höckerberg entsteht, entlang eines Pfades, der von den Kührenern auch bisher schon gern als Spazierweg und Erholungsort genutzt wird.

Foto: Sylke Mathiebe