Kita-Bedarfsplan auf dem Prüfstand

Kita-Bedarfsplan auf dem Prüfstand

„Wir können jedem Wurzener Kind einen Krippenplatz anbieten“ war die Aussage von Fachbereichsleiter Thomas Boecker zu Beginn der Vorstellung der Kita-Bedarfsplanung der Stadt Wurzen im Kulturausschuss vom vergangenen Dienstag. Zugrunde gelegt seien die Belegungszahlen per 01.01.2019 unter Berücksichtigung der Voranmeldungen mit einer Frist von sechs Monaten, also bis Juni 2019. Wartelisten darüber hinaus gebe es nicht.

Auf den ersten Blick scheint das von der Verwaltung präsentierte Zahlenwerk dies zu bestätigen, immerhin sind sowohl im Krippen- wie auch im Kindergartenbereich noch jede Menge freie Plätze vorhanden. Legt man die Geburtenzahlen des Vorjahres zugrunde, haben bis zum Sommer noch 83 Wurzener Kinder ihren ersten Geburtstag und damit einen Rechtsanspruch auf Betreuung in einer Kindereinrichtung. Dafür stehen laut der vorgelegten Planzahlen derzeit 42 freie Krippenplätze zur Verfügung, weitere werden frei, wenn bereits angemeldete Krippenkinder drei Jahre alt werden und in den Kindergartenbereich wechseln, auch hier stehen in den meisten Kitas ausreichend freie Plätze zur Verfügung.

Dass dennoch nicht alles eitel Sonnenschein ist, zeigt sich bei näherem Hinsehen. Zum Beispiel in Bezug auf die Kita Knirpsenland. Hier hatte die Stadt unlängst viel Geld investiert, um 13 zusätzliche Krippenplätze zu schaffen. Dass diese derzeit nicht belegt sind, liegt allerdings offenbar nicht am mangelnden Bedarf, denn Voranmeldungen liegen dem Vernehmen nach für diese Plätze vor. Wie Thomas Boecker auf direkte Nachfrage einräumte, nimmt die Kita Knirpsenland jedoch trotz räumlicher Kapazität derzeit keine neuen Kinder auf, da es am Betreuerpersonal mangelt. Wann und in welchem Umfang hier Neueinstellungen geplant sind, war nicht zu erfahren. Insgesamt 31 Krippen- und Kindergartenplätze fallen nach derzeitigem Stand somit aus der verfügbaren Kapazität heraus.

Nachdenkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass laut aktueller Haushaltsplanung die AWO als Träger der Einrichtung für das Jahr 2019/20 von einer durchschnittlichen Krippenbelegung von 44 Kindern ausgeht und zu vermuten ist, dass auch der monatliche Zuschuss für den Betrieb der Einrichtung sich an dieser geplanten Auslastung orientiert – offenbar ohne dass für die nötige Personalausstattung gesorgt werden kann.

Auch in anderen Kitas spielt die Personalkapazität mitunter eine entscheidende Rolle bei der Platzvergabe. Das liegt in erster Linie daran, dass die Wochenarbeitszeit des Kita-Personals zum Teil erheblichen Schwankungen unterworfen ist. Abhängig von der Zahl der in der jeweiligen Einrichtung angemeldeten Kinder und deren Betreuungsstunden wird jeden Monat entsprechend des geltenden Betreuungsschlüssels errechnet, wie viele Erzieherstunden der Einrichtung zur Verfügung stehen. In Zeiten, wo wenige Kinder in der Einrichtung sind, z. B. wenn mit dem Schuleingang ein ganzer Jahrgang die Kita verlassen hat, sinkt die Wochenarbeitszeit der Erzieher entsprechend ab und erhöht sich dann sukzessive in dem Maße, wie im Jahresverlauf Kinder aus der Krippe in den Kindergarten wechseln und neue Krippenkinder aufgenommen werden.

Ab April/Mai sind dann die Erzieherkapazitäten oftmals voll ausgelastet, auf Neueinstellungen wird jedoch in manchen Einrichtungen mit Blick auf die nach dem Schulanfang wieder zurückgehenden Belegungszahlen verzichtet. Stattdessen werden vor allem Eltern, deren Kinder eigentlich im Frühjahr und Sommer einen Kitaplatz benötigen, aufgefordert, ihr Kind erst nach dem Schulanfang anzumelden, obwohl der gesetzliche Anspruch auf Betreuung schon viel eher besteht und die räumlichen Kapazitäten in der Einrichtung vorhanden wären. Laut Angaben der Verwaltung waren im Juni 2018 im Stadtgebiet Wurzen insgesamt 46 freie Krippenplätze vorhanden, darunter 14 im Knirpsenland, 11 im Spatzennest und 4 in der Kita Sonnenschein.

Die restlichen freien Plätze gab es in Kühren (9) und Burkartshain (8). Hier ist jedoch zu bedenken, dass beide Kitas hauptsächlich dafür ausgelegt sind, Kinder aus den Ortsteilen zu betreuen und ein Betreuungsplatz hier für Eltern aus dem Stadtgebiet meist mit zusätzlichen und zum Teil unzumutbaren Wegekosten und Zeitaufwand verbunden ist.

Zusätzliche Kapazitäten will die Stadt schaffen, wenn mit dem Umzug der Musikschule in den Wasserturm die frei werdenden Räumlichkeiten in der Ringelnatz-Grundschule den derzeit im Knirpsenland betriebenen Hort aufnehmen können. Mit Blick auf die aktuellen Personalprobleme wird der Umbau der Horträume zu Krippen- und Kindergartenplätzen aber nur dann Sinn ergeben, wenn die AWO als Träger auch die für die Betreuung der Kinder nötigen Erzieherinnen findet und einstellt.

Quelle Aufstellung Belegungszahlen: Stadtverwaltung Wurzen