Jede Menge Herzblut, gar nicht zu reden von Zeit, Kraft, Ausdauer und Durchhaltevermögen hat Sabine Meyer bereits in ihr Vorhaben, in Wurzen eine kleine, familiär geführte Kreativ-Kita nach dem Konzept der Freinet-Pädagogik zu eröffnen, investiert. Aufgrund der hohen Anforderungen, die die zuständigen Behörden an Standort und Umfeld von Kindereinrichtungen stellen, blieben mehrere Umsetzungsversuche zunächst erfolglos.
Den Durchbruch brachte schließlich ein Gespräch der engagierten Erzieherin mit dem Eigentümer der Alten Leuchtenmanufaktur, Thomas Kolb, der sich für die Idee einer kleinen Kita auf dem Areal im Badergraben begeistern ließ.
Inzwischen hat das Projekt sämtliche behördlichen Hürden genommen und ist im aktuellen Kita-Bedarfsplan des Landkreises Leipzig als Freinet-Kinderhaus mit einer Kapazität von insgesamt 40 Plätzen verankert, dort heißt es, dass die Einrichtung im Planjahr 2022/2023 in Betrieb genommen werden soll. Doch nun droht das Vorhaben am Veto der neuen Wurzener Verwaltungsspitze zu scheitern.
Die Idee, die Kita-Landschaft in Wurzen durch eine kleine, familiäre Einrichtung zu ergänzen und zu erweitern, stammt bereits aus dem Jahr 2013, damals gab es auf Initiative von Sabine Meyer einen Stadtratsbeschluss mit dem Inhalt, die Eröffnung einer Mini-Kita mit insgesamt 20 Plätzen nach dem Konzept der Freinet-Pädagogik zu unterstützen. Ein großer Teil der Wurzener Kinder wird bis dato in Kitas mit über 200 Plätzen betreut. Einrichtungen zur Tagespflege gibt es in Wurzen keine, in den vergangenen Jahren wurde den immer wieder auch seitens des Jugendamtes bemängelten Betreuungsengpässen in der Stadt stets durch Erweiterungen bestehender Einrichtungen begegnet.
Der nun gefundene Standort in der Alten Leuchtenmanufaktur hat gleich mehrere Vorteile: Zum einen entstehen der Stadt keine Investitionskosten. Der Umbau der Räume erfolgt durch den Eigentümer und künftigen Vermieter, die Stadt trägt, wie bislang auch bei der Kita Arche Noah, die sich in Trägerschaft und im Eigentum der Kirchgemeinde befindet, lediglich die laufenden Mietkosten. Demnach entstehen der Stadt zukünftig auch keine zusätzlichen Kosten, etwa für Instandsetzungen oder Sanierungsarbeiten.
Aufwendungen entstehen lediglich als Anlaufkosten, zum Beispiel für die kindgerechte Ausgestaltung der Räume. Ein Teil der Ausstattung soll zudem durch die künftigen Nutzer mittels Sponsoring und Eigenleistungen bereitgestellt werden, unter anderem konnten Möbel und andere Materialien bereits organisiert werden. Als künftiger Träger ist der Elternverein „Kinder in Bewegung e.V.“, der in Leipzig bereits eine kleine Kita betreibt, als kompetenter Partner mit im Boot.
Zusätzliche Betreuungskosten entstehen durch die neue Kita nicht. Die Stadt Wurzen ist als Kommune generell verpflichtet, die Betreuungskosten für alle hier wohnhaften Kinder zu übernehmen. Das bedeutet, für die Wurzener Kinder, die in der neuen Kita betreut werden, entstünden die entsprechenden Kosten auch in einer anderen städtischen Einrichtung, für Kinder von außerhalb erhält die Stadt die Betreuungskosten von der jeweiligen Wohnortgemeinde erstattet.
Auch vom Umfeld her ist der Standort Leuchtenmanufaktur für das Vorhaben ideal. Eigentümer Thomas Kolb plant, das gesamte Areal im Badergraben neu zu gestalten und hier vor allem kreatives Gewerbe, aber auch z. B. Wohnbereiche anzusiedeln. Ins Konzept der gerade entstehenden „Manufaktur-Höfe Wurzen“ würde die Etablierung einer Kreativ-Kita hervorragend passen.
Positiv ist zudem, dass der gesamte Bereich der geplanten Kita, der eine frühere Werkhalle mit rund 300 m² umfasst, ebenerdig und damit barrierefrei erreichbar ist, was besonders in Bezug auf die Möglichkeit integrativer Angebote wichtig wäre. Zudem befindet sich unmittelbar anliegend eine ausreichend große Grünfläche, die als Freispielfläche genutzt werden kann und ebenfalls barrierefrei zugänglich ist.
Anlässlich einer Vorstellung des Gesamtprojekts Manufakturhöfe Wurzen im März 2020 hatte der damalige Oberbürgermeister Jörg Röglin das Kita-Projekt als Beitrag sowohl zur Steigerung der Attraktivität des Gesamtareals am Badergraben als auch zur Belebung der Innenstadt herausgestellt. Sein Amtsnachfolger Marcel Buchta scheint allerdings, das legen zumindest die jüngsten Entwicklungen nahe, dieses Potenzial nicht zu sehen:
Im Ergebnis eines unlängst erfolgten Gespräches, in dessen Rahmen Sabine Meyer dem Neuen an der Wurzener Stadtspitze nochmals ausführlich Werdegang, Ziele und Inhalte ihres Vorhabens darlegte, hieß es vonseiten Marcel Buchta, die Chancen für das Projekt stünden „fünfzig zu fünfzig“. Welche Gründe einer Umsetzung entgegenstehen, erfuhr sie nicht.
Mehrere Anfragen an den Oberbürgermeister im Nachgang dieses Gespräches blieben bislang unbeantwortet, am vergangenen Freitag hieß es dann auf nochmalige telefonische Anfrage: „Sie bekommen einen schriftlichen Bescheid.“