Das Schicksal der Straßenbäume an der Eduard-Schulze-Straße scheint besiegelt – am kommenden Dienstag, dem 16. Januar 2024, sollen im Zuge der Baumaßnahmen an der S11 die ersten Bäume der Säge zum Opfer fallen. Einer davon ist die große Esche, die bislang den Kindern und Erwachsenen der Kita Arche Noah Schatten und frische Luft spendet.
Mit einer Protestaktion am vergangenen Freitag haben die Aktiven der Bürgerinitiative Bäume und Stadtgrün in Wurzen noch einmal darauf aufmerksam machen wollen, dass ihre intensiven Bemühungen, mit der Stadtspitze Alternativen zur Fällung der Bäume zu diskutieren, bislang erfolglos geblieben sind.
Als letzte Möglichkeit, den Verlust der Bäume doch noch zu verhindern, haben sich Dr. Ute und Roland Dathe zusammen mit Dr. Ditmar Hunger vom Alleenforum Sachsen e. V. mit einem Vorschlag für ein Moratorium zur Aussetzung der Fällungen an Oberbürgermeister Buchta gewandt. Darin heißt es:
„Trotz der Besorgnisse Wurzener Bürgerinnen und Bürger, die mit der Komplettfällung des Baumbestandes eine Verschlechterung der Lebensqualität und eine Maßnahme gegen den Klimaschutz sehen, wurde diese „planfestgestellt“. Tragisch ist, dass fast alle Bäume vital sind und den Straßenbau kaum beeinträchtigen, somit – wie in fast allen anderen Städten – erhalten werden könnten. Unsere Stellungnahme vom 2. Januar 2023 untermauert das und verweist zudem andere planerische Mängel, deren Beachtung eine stadtverträglichere, klimafreundlichere Lösung und dabei Einsparungen brächte. Inzwischen sind es mehr WurznerInnen geworden, die sich für den Erhalt des wertvollen Allee- und Baumbestands einsetzen. Zudem hat sich die Initiative Stadtgrün Wurzen als Teil des Alleenforums Sachsen e.V. etabliert.
Wie gesagt wird, haben Sie sich vor Ihrem Amtseintritt für den Baumerhalt und ein grüneres Wurzen stark gemacht. Daran möchten wir anknüpfen und Sie bitten, auf das LASuV im Rahmen eines Moratoriums zuzugehen, um die Fällungen auszusetzen, zunächst bis zum Herbst. Damit wäre die Möglichkeit gegeben, die unterschiedlichen Standpunkte unter Berücksichtigung der verschlechterten Klimasituation einschließlich der dabei besonderen Verschlechterung der städtischen Aufenthalts- und Wohnqualität, zu diskutieren und einen Konsens zu finden und je nach dem, ggf. dann erst zu Fällen. Selbstverständlich bedarf das neben Ihres Anstoßes eines kurzfristigen Beschlusses des Stadtrats.
Die im westlichen Bereich der Eduard-Schulze-Straße befindlichen Alleebäume sind in Stadtbesitz und außerhalb der Verantwortung des LASuV. Hier hat die Stadt die Möglichkeit, unabhängig von der Planungshoheit zur S 11 das Moratorium sofort anzuwenden. Dabei würde das „planfestgestellte“ Umzusetzen des S11-Umbaus nicht gefährdet. Ein Beschluss des Stadtrats müsste dazu ausreichen.
Ein sofort ohne Weiteres umsetzbarer Baustein eines Moratoriums ist das Verschieben des Fällens der Esche am Kindergarten in der Liststraße, da hier ohnehin erst 2025 gebaut werden soll. Abgesehen davon, dass die Esche mit einer Lebenserwartung von über 20 Jahren erhalten werden kann – was wir durch Gutachten belegen können – könnte der Baum, falls doch zu fällen, wenigsten noch ein Jahr seine große Wohlfahrt dem Wohnumfeld und dem Stadtklima schenken. Erwähnt sei dabei, dass der Baum im Rahmen einer Pflegemaßnahme durch die Stadt als erhaltenswert, weil besonders stadt- und straßenraumbildend eingeschätzt wurde.
Unser Anliegen ist davon getragen, einzugreifen so lange es noch geht, wir glauben, dass der Nutzwert für die Stadt- und Aufenthalts- sowie Wohnumfeldqualität erheblich ist und die ggf. erforderlichen Kosten für Leistungsstornierungen und Planungsanpassungen weit übersteigt. Und sicher werden StadtbewohnerInnen in nächsten Jahren sich daran erinnern, dass es Ihrem Engagement zu verdanken ist, das Ruder im letzten Moment rumgerissen zu haben.
In diesem Sinne bieten wir Ihnen unsere sofortige Zusammenarbeit an und bitten Sie, uns zu einem Ad-hoc-Dialog umgehend einzuladen.“
Dass die Stadtverwaltung offenbar versucht, mit der augenscheinlich sehr kurzfristig anberaumten Fällaktion vollendete Tatsachen zu schaffen, liegt eventuell in der Besorgnis begründet, dass der Protest der Wurzener Bürgerinitiative und deren fachlich begründete Argumente für den Erhalt des Straßengrüns immer mehr Menschen überzeugen – zu den Teilnehmern der Protestaktion am Freitag gehörten u. a. auch eine Vertreterin von Fridays for Future Wurzen und Thomas Keller von den Wurzener Grünen, der es auf den Punkt brachte:
Stadtgrün zu erhalten ist im Angesicht der Klimakrise höchstes Gebot. Wir können jahrzehntelang gewachsene Bäume ökologisch nicht einfach durch teure Neuanpflanzungen ersetzen, die es ohne ständige Bewässerung kaum über die ersten Hitzesommer schaffen. Das Vorhaben ist ein Desaster und zeugt von Ignoranz und Kurzsicht. Ich appelliere an den Bürgermeister Buchta, endlich zu handeln, auch zum Wohle der Anwohner, die auf diese Bäume zählen!