Zwei kleine Bäume auf einer großen Wiese sorgen seit dem vergangenen Freitag für Empörung und kontroverse Diskussionen im Wurzener Lichtwer-Gymnasium. Gepflanzt wurden sie anlässlich des Tages der Deutschen Einheit von Schülerinnen und Schülern, die zur Wurzener Ortsgruppe von Fridays for Future gehören. Zum Thema erreichte uns das folgende „Statement zu Baumpflanzungen vom 3.10.”
Wir von Fridays for Future Wurzen waren sehr überrascht von den teils heftigen Reaktionen auf unsere Baumpflanzungen vom 03.10., und wollen deshalb unseren Blickwinkel auf die Situation an die Öffentlichkeit bringen.
Die generelle Idee zum Pflanzen von Bäumen in Wurzen und Umgebung kam von einem unserer Mitstreiter bereits im Frühjahr, bei einem Plenum unserer Ortsgruppe Wurzen. Als dann auch noch Schleswig-Holstein zum „Einheits-Buddeln“ zum 03.10. aufgerufen hat, sahen wir eine passende Gelegenheit, das umzusetzen. Unser erster Weg ging zur Stadtverwaltung Wurzen. Wir haben uns dort informiert, wo man am besten einen Baum pflanzen könne. Da in Wurzen aktuell keine großen Möglichkeiten gesehen wurden (von bereits geplanten Pflanzungen der Stadt einmal abgesehen), wurde uns die Idee mitgegeben, Bäume mit den Kindergärten in Burkartshain und Kühren zu pflanzen. Diese haben wir gern angenommen. Im Burkartshain konnten wir sie schon umsetzen – die Kinder haben seit dem 02.10. eine kleine Winterlinde, die sie Hilde genannt haben. Mit der Kita Kühren wird außerdem geplant, während der Herbstferien auch noch zwei Bäume zu pflanzen.
Die riesige leere Grasfläche vor dem Magnus-Gottfried-Lichtwer-Gymnasium in Wurzen erschien uns ebenfalls als eine geeignete und vormals baumfreie Fläche für die Baumpflanzung, was wir im erwähnten Gespräch auch ansprachen. Es kamen Gegenargumente, als die die Feuerwehrzufahrt zur Schule, sowie die Parkfläche gesehen wurde. Da uns dies nicht schlüssig erschien, u.a. da die Bäume den durchaus wichtigen Zugang von bspw. der Feuerwehr zur Schule nicht verhindern, entschieden wir uns dafür, dennoch Bäume auf dieser Fläche zu pflanzen.
Da wir nur eine Gruppe junger engagierter, aber nicht thematisch versierter Leute sind, haben wir uns vor allen Pflanzungen von einem Baumexperten beraten lassen, um keine Bäume zu pflanzen, die eine Umpflanzung nicht vertragen oder (da in direkter Schulnähe) auch giftig für Menschen sein könnten; beides konnten wir ausschließen. Insgesamt bekamen wir Tipps dazu, wie das Ausgraben, Pflanzen und Versorgen der Bäume gut vonstattengehen kann.
Am 03.10. haben wir daher, gut vorbereitet, die beiden Ahornbäume auf die Grünfläche vor das Gymnasium Wurzen gepflanzt. Wir handelten in der Absicht die Stadt nachhaltig zu vergrünen und retteten zwei Bäume, die nicht an ihrem vorherigen Standort bleiben konnten. Mit den Reaktionen, die dies hervorrief, hatten wir nicht gerechnet und sie rufen unser Unverständnis hervor. Neben einem kleinen Teil konstruktiver Kritik mussten sich einzelne Schüler denen eine Beteiligung an der Aktion unterstellt wurde, Anschuldigungen und schwere Beschimpfungen gefallen lassen. Daher sahen wir uns in der Situation, die Überlegungen, die zu den Pflanzungen geführt haben klarzustellen, und unsere Perspektive der Geschehnisse darzulegen.
Kommentar von Sylke Mathiebe:
Man muss sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was hier eigentlich passiert ist: Junge Leute tun sich zusammen, wollen etwas für ihre Stadt tun. Sie haben eine Idee, einen Baum zu pflanzen. Sie suchen aus eigener Initiative das Gespräch mit der Stadtverwaltung, holen sich Informationen, Ratschläge, Argumente, Gegenargumente. Sie diskutieren in der Gruppe darüber, stimmen demokratisch ab, entscheiden, welche Ratschläge sie annehmen, aber auch, welchen Argumenten sie nicht folgen können.
Sie rufen nicht etwa „pflanzt uns einen Baum“, nein, sie suchen sich Leute, die die Bäume spenden, sie holen sich fachmännischen Rat, sie graben die Bäume selbst aus, transportieren sie zum Pflanzort, pflanzen sie selbst ein und sind auch bereit, sie weiterhin zu pflegen. Wäre dies ein Projekt der Schule gewesen, hätten vermutlich alle eine Eins bekommen. Stattdessen werden sie für Engagement und eigenständiges Denken nun beschimpft.
Welchen Schaden der Umgang der Schule mit der Sache weiterhin anrichtet, hängt auch davon ab, wie die Stadt als Eigentümerin der Flächen mit dem Thema umgeht. Eins haben die Schülerinnen und Schüler von Fridays for Future immerhin schon erreicht: So oder so müssen die Argumente, die tatsächlich gegen eine Bepflanzung der Grünfläche sprechen, nun auf den Tisch, auch wenn es vielleicht nur darum geht, dass der eine oder andere befürchtet, zusätzliche Arbeit zu bekommen. Ziviler Ungehorsam ist ein legitimes Mittel, um sich gegen nicht nachvollziehbare Behördenentscheidungen zu wehren. Mädels und Jungs von FFF: Macht weiter so!
Quelle: Statement Fridays for Future Ortsgruppe Wurzen, Kontakt: fffwurzen@gmail.com