Pesta-Aldi-Wasserturm – Stadt will konstruktive Lösung

Pesta-Aldi-Wasserturm – Stadt will konstruktive Lösung

Die Gemüter scheinen sich einigermaßen beruhigt zu haben, das ist zumindest der Eindruck, den Wurzens Oberbürgermeister Jörg Röglin auf unsere Anfrage hin nach der gestrigen Zusammenkunft der Schulkonferenz in der Pestalozzi-Oberschule schildert. Die vor einiger Zeit von der Schule vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Kinder bei zu erwartendem erhöhtem Verkehrsaufkommen durch die Ansiedlung eines Einkaufsmarktes auf dem benachbarten Wasserturm-Gelände habe man seitens der Verwaltung ernst genommen.

Hierzu seien verschiedene Möglichkeiten zur Verkehrsberuhigung und Verkehrsführung vorgestellt und diskutiert worden. Auch bei der gemeinsamen, aber nicht zeitgleichen Nutzung der neuen Leichtathletikanlage auf dem Gelände der Sternwarte-Grundschule sollte eine Einigung möglich sein, hier geht es vor allem um die Abstimmung der Stundenpläne und Belegungszeiten zwischen beiden Bildungseinrichtungen.

Im Vorfeld hatte die Ankündigung der Informationsveranstaltung für einigen Wirbel gesorgt. Zwei Mitarbeiter der Schule hatten in deren Namen, allerdings ohne dies vorher mit dem Schulleiter oder im Kollegenkreis zu besprechen, öffentlich zu einer Demonstration aufgerufen, um gegen die Ansiedlung eines Supermarktes auf dem Wasserturmgelände zu protestieren. Als Begründung wurden unter anderem Sicherheitsbedenken angegeben und der drohende Verlust der Schulsportanlage, behauptet wurden auch fehlende Kommunikation seitens der Verwaltung und eine verfehlte Kommunalpolitik.

Doch worum geht es eigentlich wirklich:

Zum einen um einen Wasserturm, der samt der dazugehörigen Gebäude unter Denkmalschutz steht, was bereits mehrere Versuche einer Nachnutzung vereitelt hat. Wenn hier künftig die Musikschule ihr Domizil bezieht , bedeutet das nicht nur für diese ein ganz besonderes Alleinstellungsmerkmal und durch den benachbarten Busbahnhof eine weitaus bessere Erreichbarkeit für die Musikschüler, sondern auch eine Imagewirkung für die Stadt weit über die Region hinaus. Unter anderem haben sich Studenten der TU Dresden mit den Entwürfen befasst und das Projekt aus architektonischer und denkmalpflegerischer Sicht beleuchtet.

In der Folge des Auszugs der Musikschule aus dem Gebäude der Ringelnatz-Grundschule werden die räumlichen Bedingungen für diese Schule verbessert. Das erhöhte Platzangebot ermöglicht zudem den Umzug des Hortes aus der benachbarten Kita Knirpsenland, hier werden dadurch Räume frei, die die Stadt dringend zur Schaffung neuer Krippen- und Kindergartenplätze benötigt.

Das nicht von der Musikschule benötigte Gelände am Wasserturm wird verkauft, wie zwischenzeitlich zu erfahren war, zu sehr guten Konditionen. Der Aldi-Einkaufsmarkt in der Dresdener Straße will von der Peripherie in die Nähe der Innenstadt ziehen, was mit Sicherheit nicht nur den Bewohnern der Ostvorstadt Vorteile bringt, sondern auch der Innenstadt selbst mehr Besucher bescheren soll. Nicht zuletzt trägt das Projekt zur Aufwertung der trotz sichtbarer Sanierungserfolge noch immer als Problemquartier angesehenen Ostvorstadt insgesamt bei.

Und es geht um einen kleinen Teil der Sportanlage der Pestalozzi-Oberschule, nämlich die Leichtathletikanlage (also Laufbahn und Weitsprunggrube), die infolge des Grundstücksverkaufs am Wasserturm umziehen muss: Auf dem rund 100 Meter entfernten Gelände der Sternwarte-Grundschule entsteht eine neue Lauf- und Weitsprunganlage, die im Gegensatz zur alten 80-Meter-Bahn dann lehrplangerecht 100 Meter lang ist und zudem auch den Grundschülern zugute kommt. Die Kosten dafür trägt, was bereits bei der Ausschreibung des Grundstücks so festgelegt wurde, der Grundstückskäufer, die Stadt bekommt also eine nagelneue Sportanlage zum Nulltarif. Für die Schüler der Pestalozzi-Oberschule entsteht der Nachteil, dass sie für die Nutzung der Anlage über eine stark befahrene Straße gehen müssen, während eines ganzen Schuljahres laut Lehrplan rund viermal. Die Straße hat eine Ampelregelung und wird von vielen Schülern ohnehin regelmäßig im Rahmen des normalen Schulwegs überquert.

Kommentar von Sylke Mathiebe:

Zuweilen fragt sich der Beobachter, weshalb in Wurzen regelmäßig um eigentlich normale Dinge solch ein Wirbel veranstaltet wird. Immerhin ist es bei einem so großen Projekt fast nicht zu vermeiden, dass der eine oder andere im Sinne der Sache auch mal einen kleinen Nachteil in Kauf nehmen muss, damit das Ganze zum Vorteil vieler gelingt. Und geradezu absurd erscheint im Lichte der bereits so lange und sehr offen geführten Diskussionen zum Gesamtprojekt Wasserturm der Vorwurf an die Verwaltung, man würde nicht mit den Leuten reden – zumal ausgerechnet im Zusammenhang mit der Ankündigung einer entsprechenden Informationsveranstaltung.

Fast verschämt hat Linken-Stadtrat Jens Kretzschmar sich im Kulturausschuss, nachdem vom Oberbürgermeister erläutert wurde, dass die Finanzierung der neuen, lehrplangerechten Sportanlage auf dem Gelände der Sternwarte-Grundschule vertragsgemäß vom Käufer des Grundstücks am Wasserturm übernommen wird, was bereits vor einem Jahr so geregelt worden sei, zu Wort gemeldet und gemeint, dass der Stadt doch eigentlich damit eine geniale Lösung gelungen sei. Und ganz überrascht hat sich Jörg Röglin für das Lob bedankt, offenbar hört er solches nicht oft.

Vielleicht liegt es daran, dass Kritik, selbst wenn sie ungerechtfertigt ist, sich generell besser verkauft als Lob. Vielleicht aber auch an öffentlicher Berichterstattung, die unter dem Druck notwendig zu erreichender Leserzahlen augenscheinlich kein Problem damit hat, ungeprüft und ohne die für seriöse Pressearbeit eigentlich übliche vorherige Rücksprache mit den Betroffenen Kritik und Vorwürfe an die Öffentlichkeit zu bringen, um dann scheibchenweise Richtigstellungen nachzuschieben – mit dem Ergebnis, dass immer wieder der Eindruck entsteht, Verantwortliche müssten sich öffentlich rechtfertigen für Dinge, die sie schon längst ordentlich gelöst haben, was Zeit und Kräfte kostet, die anderswo viel nutzbringender eingesetzt werden könnten.