Lass dich nicht vom Bösen überwinden …

Lass dich nicht vom Bösen überwinden …

… sondern überwinde das Böse mit Gutem. Mit diesem Bibelvers eröffnete der Wurzener Pfarrer Alexander Wieckowski die heutige Gedenkveranstaltung für die Opfer von Krieg und Vertreibung anlässlich des Volkstrauertages am Mahnmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges auf dem Alten Friedhof. In seiner Ansprache mahnte er, aus der Vergangenheit zu lernen und sich gemeinsam gegen Ausgrenzung und Fremdenhass zu wehren, damit so etwas nie wieder geschehen könne.

Auch Oberbürgermeister Jörg Röglin, der das offizielle Totengedenken sprach, würdigte den mahnenden Charakter des Denkmals. „Ein toter Soldat ist eine Tragödie, eine Million tote Soldaten sind eine Statistik, hat Stalin einmal gesagt – unser Denkmal macht aus der Statistik wieder einzelne Namen und Schicksale, die nacherlebbar sind.“

Stadtchronist Wolfgang Ebert erläuterte den Entstehungsprozess des Denkmals, insbesondere die Intention der Erbauer, eben nicht, wie in vielen anderen Städten, ein „Kriegerdenkmal“ zu schaffen, sondern ein Zeichen für Empathie mit den gefallenen Soldaten zu setzen.

Dass das Gedenken am Volkstrauertag am Mahnmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges auf dem Alten Friedhof so friedlich und zukunftsgerichtet verlaufen ist, ist keine Selbstverständlichkeit. Denkmal und Stadt sind in der Vergangenheit immer wieder in die Schlagzeilen geraten, vor allem aufgrund der Bestrebungen rechtsextremer Gruppierungen, den Ort gerade an diesem Tag für ihre Art „Heldengedenken“ zu missbrauchen.

Wurzener Bürger haben mit ihrem Engagement dafür gesorgt, dass man sich in der Stadt intensiver mit dem Denkmal und seiner Botschaft auseinandersetzte. Kinder und Enkel von vielen, deren Namen an den Innenwänden zu lesen sind, brachten Fotos, erzählten aus ihren Erinnerungen und versuchten so, den Gefallenen, an die das Mahnmal erinnern soll, Gesichter zu geben. Mehrere Jahre lang haben Bürger und Stadtverwaltung mit eigenen Veranstaltungen dafür gesorgt, dass der Ort am Volkstrauertag zum Symbol friedlichen Gedenkens an die Opfer von Krieg und Rassismus wurde.

Dass das Denkmal inzwischen seinen Reiz für kriegsverherrlichende Aufmärsche verloren hat, ist zum großen Teil auch dem Engagement des Wurzeners Jens Haubner zu verdanken. Dessen umfangreiche Recherchen, an denen sich im Laufe der Zeit noch viele andere Bürger beteiligten, haben ergeben, dass die Frauengestalt in der Figurengruppe die als Engel von Sibirien bezeichnete Elsa Brandström darstellt, die in Russland geboren wurde und sich insbesondere in Sibirien für deutsche Kriegsgefangene und später in Deutschland für Waisenkinder und Hilfsbedürftige einsetzte. Eine von der schwedischen Honorarkonsulin Petra Löschke gestiftete Gedenktafel erinnert inzwischen an die mutige Schwedin.