Landgerichtsurteil stärkt Unabhängigkeit der Kleingartenvereine

Landgerichtsurteil stärkt Unabhängigkeit der Kleingartenvereine

Ein riesengroßer Stein dürfte den Vorständen der drei Wurzener Kleingartenvereine „Am Doktorteich“, „An der Windmühle“ und „Muldenaue“ ob des Urteilsspruches des Landgerichts vom 09. Oktober vom Herzen gefallen sein:

Letztinstanzlich, also ohne erneute Klagemöglichkeit, wies das Gericht die Berufungsklage des Regionalverbands „Muldental“ der Kleingärtner e. V. gegen den Gartenverein „Am Doktorteich“ e. V. zurück. Die Kosten des Verfahrens, laut Rechtsanwalt Patric Blum, der den KGV “Am Doktorteich” vertritt, ca. 12.000 Euro, muss der Regionalverband tragen.

Wichtigste Folge des Urteilsspruches ist, dass der infrage stehende Verwaltungsvertrag aus dem Jahr 1996 zwischen dem Regionalverband und dem Kleingartenverein, der diesen zur Weiterverpachtung der Gartenflächen an die einzelnen Pächter ermächtigt, weiterhin seine Gültigkeit behält. Dies stand bisher noch infrage, da der KGV „Am Doktorteich“ wie auch die beiden anderen Kleingartenvereine per Beschluss im April 2017 aus dem Regionalverband ausgeschlossen wurden und ihnen durch den Verbandspräsidenten Frank Lichtenberger das gemeinsame Vertragsverhältnis gekündigt worden war – dies verbunden u. a. mit der Forderung, sämtliche zu dieser Zeit leer stehenden Parzellen in vollständig beräumtem Zustand an den Regionalverband zu übergeben, was zur Insolvenz der Vereine geführt hätte.

Die Stadt Wurzen hatte zunächst versucht, mithilfe einer Teilkündigung der entsprechenden Flächen und einer Verpachtung direkt über die Stadt für die nötige Rechtssicherheit zu sorgen, die Teilkündigung war jedoch vom Oberlandesgericht in Dresden als ungültig erachtet worden, da das entsprechende Vertragsverhältnis zwischen Stadt und Regionalverband nur durch eine Gesamtkündigung hätte beendet werden können.

Das Landgericht Leipzig schaffte indes nun, wie bereits das Amtsgericht Grimma als erste Instanz am 29.03.2018, endgültig Klarheit darüber, dass, unabhängig davon, ob ein Gartenverein Mitglied im Regionalverband ist, der bestehende Verwaltungsvertrag nur nach den gesetzlichen Regelungen des Bundeskleingartengesetzes gekündigt werden darf. Da die dort genannten Kündigungsgründe im konkreten Fall nicht erfüllt waren, bleibt auch das Unterpachtverhältnis in Kraft, das bedeutet, der KGV „Am Doktorteich“ bleibt weiterhin verantwortlich für den Abschluss von Pachtverträgen mit den einzelnen Parzellennutzern.

Für die drei aus dem Regionalverband ausgeschlossenen Vereine ergibt sich aus dem Urteil, dass sie zukünftig, wie schon in den letzten drei Jahren, nicht mehr im Namen des Regionalverbands, sondern im eigenen Namen Verträge mit Gartenpächtern schließen. Einzige Verbindung mit dem Regionalverband ist lediglich die Weiterleitung des Pachtzinses für die vom Verein bewirtschaftete Gesamtfläche an die Stadt als Eigentümer.

Doch auch für die anderen Wurzener Kleingartenvereine hat das Urteil große Bedeutung, vor allem in Bezug auf die Gründe, die Regionalverbandspräsident Frank Lichtenberger im Fall des KGV „Am Doktorteich“ für seine Kündigung des Verwaltungsvertrages angeführt hat. Die Hintergründe der Streitigkeiten gehen nämlich, wie aus dem Urteil des Amtsgerichts Grimma zu entnehmen ist, auf ein Schreiben des Vorsitzenden des KGV „Am Doktorteich“ vom 15.12.2014 zurück, in dem RV-Präsident Lichtenberger aufgefordert wird, zur Klärung von Unstimmigkeiten im Finanzgebaren des Regionalverbandes einen Verbandstag einzuberufen.

Das Schreiben war damals von mehreren KGV-Vorständen unterzeichnet worden, unter anderem ging es dabei um die Besetzung einer zweiten Geschäftsstelle im RV und nicht ausreichend begründete Beitragserhöhungen. Im Zuge einer Strafanzeige gegen Frank Lichtenberger wegen Untreue hatte die Staatsanwaltschaft dann auch Ermittlungen eingeleitet, aus deren Akten geht hervor, dass der eingesetzte Buchprüfer eine mangelhafte Buchführung und Rechnungslegung des RV festgestellt hat, die teils Ungenauigkeiten und Unplausibilitäten aufweise. Eine ordentliche Nachvollziehbarkeit sei nicht möglich.

Kritisch bewerten die Autoren des Schreibens vor allem die Tatsache, dass die zur Diskussion gestellte zweite Geschäftsstelle von niemand anderem als Frank Lichtenberger selbst besetzt wurde, dieser war nun zwar der amtierenden Geschäftsführerin des RV unterstellt, seinerseits aber als Präsident des RV dieser gegenüber weisungsbefugt, konnte also praktisch sowohl über die eigenen Lohnforderungen als auch Aufgabenzuweisungen selbst entscheiden.

Die Ermittlungen gegen Frank Lichtenberger wurden trotz der festgestellten Unstimmigkeiten eingestellt, dieser seinerseits beantwortete die Kritik an seiner Person mit Repressalien gegen die beteiligten Vereinsvorstände, u. a. in Form einer Kündigung der Verwaltungsverträge und mehrfacher Klagen, die sich nicht nur gegen die handelnden Personen selbst, sondern deren gesamte Gartenvereine richteten.

Inzwischen scheint klar zu sein, dass die dafür angeführten Gründe nicht etwa, wie im Bundeskleingartengesetz vorgeschrieben, in der kleingärtnerischen Nutzung der Pachtflächen liegen, sondern vor allem persönlicher Natur sind, da sich Verbandspräsident Frank Lichtenberger offenbar durch kritisches Hinterfragen seiner Tätigkeit als Verbandspräsident angegriffen fühlt.

Bereits das Amtsgericht Grimma hatte in seinem Urteil vom 29.03.2018 aber eindeutig klargestellt, dass weder kritische Nachfragen zu Satzungsverstößen noch eine Strafanzeige wegen Untreue noch sonstige Zwistigkeiten zwischen Vereinsvorständen Kündigungsgründe gegen einen ganzen Verein im Sinne des Kleingartengesetzes sind.

Die bis dato gängige Praxis seitens Frank Lichtenberger, aufmüpfige Vereinsvorstände mit der Drohung, dem Verein die Verwaltungsvollmacht zu entziehen, zum Schweigen zu bringen, dürfte künftig nicht mehr so einfach umzusetzen sein. Die Voraussetzungen dafür, endlich in konstruktiver Zusammenarbeit zwischen Kleingartenvereinen und Stadt Wurzen ein tragfähiges Kleingartenentwicklungskonzept zu erstellen, dürften damit erheblich günstiger geworden sein.