Regionalverband bestreitet Plagiatsvorwurf

Regionalverband bestreitet Plagiatsvorwurf

Vor einigen Tagen erreichte unsere Redaktion ein Schreiben der Rechtsanwältin Bianca Prautzsch-Lemm aus Mockrehna, die den Regionalverband Muldental der Kleingärtner e.V. vertritt. Darin enthalten die Aufforderung

 „unwahre Behauptungen und Verleumdungen in dieser oder ähnlicher Art zukünftig über meinen Mandanten oder dessen Präsidenten Herrn Frank Lichtenberger zu unterlassen:

– Lichtenbergers „Kleingartenentwicklungskonzept“ entpuppt sich als Plagiat

– Gemeinhin nennt man so etwas Plagiat, also Diebstahl geistigen Eigentums anderer

– wäre es äußerst unprofessionell und wohl auch ziemlich peinlich, wenn die Wurzener Stadtväter ein Dokument als ihres dokumentieren oder gar verabschieden würden, das so offensichtlich zu großen Teilen geistiges Eigentum anderer ist.

Das Schreiben bezieht sich auf den von uns am 14. Januar 2020 veröffentlichten Text mit dem Titel: “Lichtenbergers Kleingartenentwicklungskonzept entpuppt sich als Plagiat“. Zwar sind wir einigermaßen verwundert, dass weder die Redaktion der Wurzener Land Nachrichten noch die Autorin des Textes von Herrn Lichtenberger im Vorfeld der anwaltlichen Unterlassungsaufforderung auf die Problematik angesprochen wurden – gemeinhin wird bei Fehlern, die uns genau wie allen Menschen zuweilen unterlaufen, dieser Weg gewählt und ggf. von uns eine Richtigstellung veröffentlicht. Die Anwaltskosten belaufen sich im vorliegenden Fall auf  492,54 Euro und müssen, zumindest bis zur gerichtlichen Klärung, von den Mitgliedern des Regionalverbandes aufgebracht werden.

Trotzdem wollen wir natürlich unserer Pflicht und unserem jounalistischen Anspruch gerecht werden und auch die Gegendarstellung des Regionalverbandes veröffentlichen. Im Anwaltsschreiben heißt es dazu:

„Richtig ist, dass das Kleingartenentwicklungskonzept in Teilen dessen der Stadt Crimmitzschau gleicht. Deshalb ist es aber kein Plagiat. Das Kleingartenentwicklungskonzept der Stadt Crimmitzschau aus dem Jahr 2016 wurde mit Zuarbeit des Landesverbandes Sachsen der Kleingärtner e.V. entwickelt. Am 12.02.2016 um 10.56 Uhr wurde dieses Kleingartenentwicklungskonzept durch den Landesverband Sachsen der Kleingärtner e.V. an alle seine Mitgliedsverbände versandt, mit der Bitte diese Konzeption als Grundlage für eigene Kleingartenentwicklungskonzepte mit den Kommunen zu verwenden. Auch der Regionalverband Werdau/Glauchau der Gartenfreunde e.V. und die Stadt Crimmitzschau waren und sind mit der Verwendung durch den Landesverband Sachsen der Kleingärtner e.V. und dessen Mitgliedsverbände einverstanden. Von einer unberechtigten Übernahme oder Bearbeitung urheberrechtlich geschützter Werke und damit eines „Plagiats“ kann daher keine Rede sein.“

Nicht ganz nachvollziehbar erscheint aus unserer Sicht, dass sich offenbar die inhaltliche Argumentation der Frau Rechtsanwältin Prautzsch-Lemm darauf stützt, die kopierten Inhalte seien mit dem Einverständnis der jeweiligen Autoren verwendet worden, weshalb es sich nicht um ein Plagiat handle.

Ganz abgesehen davon, dass die Bitte und Erlaubnis, ein Schriftstück als Arbeitsgrundlage zu verwenden, bestimmt nicht heißt, die Inhalte einfach abzuschreiben (Schüler und Studierende können davon bestimmt ein Lied singen), kommt es beim Begriff des Plagiats jedoch überhaupt nicht darauf an, ob Autoren fremder Texte mit dem Kopieren einverstanden sind oder nicht.

Laut Bertelsmann Fremdwörterlexikon ist ein Plagiat

„Diebstahl geistigen Eigentums, Veröffentlichung des geistigen Werkes (oder eines Teils davon) eines anderen als eigenes Werk“.

Das heißt, ein Plagiat entsteht nicht dadurch, dass man fremde Texte kopiert, sondern dann, wenn ein Autor in seinem Text nicht eindeutig kenntlich macht, dass bzw. welche Textteile von anderen Autoren darin enthalten sind.

Dies geschieht im Allgemeinen dadurch, dass der kopierte Text als Zitat gekennzeichnet wird und in der Quellenangabe zumindest das Werk, der Autor und die Textstelle genannt werden. Oder, dies setzt aber wohl das direkte Einverständnis des Autoren des fremden Textes voraus, man nennt diesen als Mitverfasser des eigenen Textes.

Im vom Regionalverband Muldental der Kleingärtner e. V. veröffentlichten „Kleingartenentwicklungskonzept der Großen Kreisstadt Wurzen“ gibt es weder eine eindeutige Kennzeichnung der aus dem Crimmitschauer Konzept teils wörtlich kopierten Textteile noch einen Hinweis auf Mitverfasser. Weder ist in den Quellenangaben von einer Zuarbeit des im Anwaltsschreiben genannten Regionalverbands Werdau/Glauchau der Gartenfreunde e.V. oder des Landesverbands Sachsen der Kleingärtner e.V. die Rede noch findet sich ein Hinweis auf eine Miturheberschaft des Ingenieurbüros Crimmitschau Harald Kietz & Partner.

Das heißt, obwohl, wie seitens der Rechtsanwältin auch zugegeben wird, eine Reihe von anderen Personen/Institutionen/Unternehmen an der Erstellung des vorgelegten Konzeptes beteiligt waren bzw. deren Texte darin verwendet wurden, hat der Regionalverband diese weder als Mitautoren benannt noch im Text und in den Quellenangaben kenntlich gemacht und somit deren Textteile als sein eigenes Werk veröffentlicht.

Wir sind nun gespannt, wie ggf. die richterliche Auffassung zu dem Thema ist, im Anwaltsschreiben wird eine gerichtliche Durchsetzung der Unterlassung angedroht. Aus unserer Sicht beinhaltet die Meinungs- und Pressefreiheit auf jeden Fall das Recht und auch die journalistische Pflicht, die Dinge beim richtigen Namen zu nennen.