Stadträte kontra Stadtverwaltung?

Stadträte kontra Stadtverwaltung?

Unter den Wurzener Stadträten wächst offenbar der Unmut über die Art und Weise des Umgangs einiger Stadträte mit Verwaltung und Stadtoberhaupt. Als langjähriger und ältester Stadtrat hat sich nun Peter Poppe (Die Linke) zu Wort gemeldet:

An der Sondersitzung des Stadtrates am 27.01.2021 konnte ich aus privaten Gründen nicht teilnehmen. Erschrocken war ich über das Abstimmungsergebnis zur Besetzung der Stelle Fachbereichsleiter Finanzmanagement und interner Service.

Seit über einem Jahr ist diese Position in der Verwaltung krankheitsbedingt nicht besetzt. Damit ist die Handlungsfähigkeit der Stadt Wurzen stark eingeschränkt. Uns Stadträten ist bekannt, dass mittlerweile durch das Fehlen von Frau Schwarze, die als Fachbereichsleiterin nicht nur für den städtischen Haushalt, sondern auch u. a. für die Personalentwicklung zuständig ist, erhebliche Probleme in der Stadtverwaltung auftreten.

Dennoch wurde auf Antrag des Fraktionsvorsitzenden der Bürger für Wurzen, Herrn Schumann, die vorgesehene Beschlussfassung zur Besetzung der zweitwichtigsten Position in der Verwaltung bereits in der Sitzung am 15.12.2020 von der Tagesordnung abgesetzt.

Obwohl Oberbürgermeister Jörg Röglin allen Mitgliedern des Stadtrates in der Sitzung am 05.01.2021 noch einmal die Gesetzlichkeiten ausführlich erläutert hatte, wurde der Beschlussvorschlag mehrheitlich abgelehnt. Mit dieser Ablehnung hat der Stadtrat bewusst in Kauf genommen, dass die Stadtverwaltung ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommen kann.

Bedenklich ist aus meiner Sicht, dass es in der Diskussion offenbar nicht um die Sache selbst, nämlich die Stellenvergabe an den am besten geeigneten Bewerber geht, sondern stattdessen darüber debattiert wird, ob mit Rücksicht auf die persönlichen Belange der bisherigen Stelleninhaberin die Stelle überhaupt neu besetzt werden soll – eine Debatte, die in dieser Form viel früher hätte geführt werden müssen, nämlich zum Zeitpunkt der Ausschreibung der Stelle. Ich möchte mir nicht vorstellen, was die Bewerber, die sich auf die Stellenausschreibung hin gemeldet haben, über eine derartige Vorgehensweise denken – Vertrauen stiftet man so bestimmt nicht.

Bedenklich ist auch, dass die Folgen dieser Entscheidung letztlich die Stadt als Ganzes zu tragen hat. Wenn bestimmte Aufgaben von der Verwaltung mangels Fachpersonal  nicht mehr realisiert werden können, entsteht ein großer Schaden, den besonders die Bürger zu spüren bekommen. So können z. B. wichtige Bauvorhaben erst dann begonnen werden, wenn ein genehmigter Haushalt vorliegt. Ich bin gespannt, wie die Bürger für Wurzen den Einwohnern der Stadt ihre Haltung erklären werden.

Ich frage mich auch, wie künftig die Zusammenarbeit zwischen Räten und Verwaltung vonstatten gehen soll. Mehrere Beiträge von Herrn Schumann in den Sitzungen des Stadtrates brachten mich zu der Überzeugung, dass es ihm und den Mitgliedern seiner Fraktion, mit Ausnahme von Matthias Lange, gar nicht um die Lösung von Problemen geht. Ihre Aktivitäten richten sich gegen die Stadtverwaltung, besonders gegen den Oberbürgermeister. Ist das bereits der Anfang für den Wahlkampf zur nächsten Wahl des Stadtoberhaupts im kommenden Jahr? Wenn ja, steht zu befürchten,  dass dieser Wahlkampf auf dem Rücken der Wurzener Bürger ausgetragen wird.

Stadtrat Peter Poppe, Die Linke