Oberbürgermeister verschiebt Haushaltsdiskussion

Oberbürgermeister verschiebt Haushaltsdiskussion

Zur allgemeinen Überraschung hat Oberbürgermeister Jörg Röglin die vorgesehene erste Lesung des Wurzener Doppelhaushaltsplans für 2021/22 in der gestrigen Stadtratssitzung von der Tagesordnung genommen bzw. zurückgezogen und auf voraussichtlich den 16. März, also die nächste planmäßige Ratssitzung verschoben.

Zuvor hatte er nach Verkündung der am 27. Januar in nichtöffentlicher Sitzung durch den Stadtrat erfolgten erneuten Ablehnung der Stellenbesetzung der Fachdienstleitung Finanzmanagement und interner Service in einer ausführlichen Erklärung seine Gründe dargelegt.

Es sei für ihn selbstverständlich, so Jörg Röglin, dass er als Oberbürgermeister Verantwortung übernehmen müsse und er tue dies auch ständig. Allerdings kenne er seine Grenzen und beziehe dabei stets Rat und Fachkenntnis seiner Mitarbeiter ein, auf die er sich verlasse, um für die Stadt die besten Entscheidungen zu treffen. Genau deshalb gebe es in der Verwaltung beispielsweise einen Juristen, der für die Satzungen zuständig sei, eine Fachdienstleiterin, die für die Ausarbeitung von Verträgen verantwortlich zeichne, einen Mitarbeiter, der Straßen baue, eine Bauingenieurin, die die Bebauungspläne erstelle und so weiter.

Er habe in den letzten Tagen und Nächten permanent über die anstehenden Probleme nachgedacht, die sich aus dem seit über einem Jahr krankheitsbedingten Fehlen der für die Finanzen zuständigen Kämmerin in Bezug auf die anstehenden Haushaltsberatungen ergäben und sei zu dem Schluss gekommen, diese Verantwortung nicht allein und ohne entsprechend qualifiziertes Fachpersonal tragen zu können, er könne derzeit nicht abschätzen, ob und wenn ja welche Risiken für die Stadt daraus entstehen könnten.

Die Haushaltsberatungen verschieben sich infolgedessen nach derzeitigem Stand um mindestens sechs Wochen, die nächste planmäßige Ratssitzung findet am 16. März statt, dann könnten frühestens Mitte April die Beratungen in den Ausschüssen folgen, sodass der Doppelhaushalt 2021/22, wenn nicht weitere Hinderungsgründe auftauchen, dann am 27. April beschlossen werden könnte. Welche Auswirkungen dies auf die Verwaltungstätigkeit, insbesondere die Umsetzung von geplanten Projekten haben wird, ist derzeit noch unklar, ohne ordnungsgemäß beschlossenen und genehmigten Haushalt wird sich erfahrungsgemäß jedoch vieles auf später verschieben.

Auf redaktionelle Anfrage an die Ratsfraktionen, inwieweit von deren Seite die Besetzung der Fachdienststelle derzeit für nötig gehalten werde, fand sich lediglich die Fraktion Die Linke zu einer Aussage bereit. Deren Vorsitzender Jens Kretzschmar erklärte, seine Fraktion sehe die Besetzung als dringend geboten an, nicht erst in einigen Monaten, sondern am besten schon in den vergangenen Monaten. „Wir befinden uns mitten in einer Pandemie. Diese wird auch in unserer Verwaltung Auswirkungen haben. Wir können in dieser Situation an keiner Stelle auf Fachkompetenz verzichten. Die bisherige Kämmerin ist definitiv eine Frau mit hoher Fachkompetenz, aber steht nun schon länger nicht zur Verfügung. Es ist nicht absehbar, ob und wann sich dies ändert.

Zudem sind wir mitten in den Haushaltsberatungen für einen Doppelhaushalt. Die Erstellung dessen musste situationsgeschuldet extern vergeben werden. Dies ist kein haltbarerer Zustand. Auch der Bereich Interner Service bedarf dringend einer ordnenden Hand und kann nicht länger unbesetzt bleiben. Die Vorgaben der Landesregierung haben unsere Verwaltung bereits viele Jahre ausgedünnt. Im gleichen Atemzug wurden ihr aber viele zusätzliche Aufgaben übergeholfen. Die dünne Personaldecke ist kein Geheimnis, umso unverständlicher ist es, sich nun auch noch selbst zu schwächen und die Arbeitsfähigkeit zu gefährden.“, so Jens Kretzschmar.

Zwischen den Zeilen wurde dann aber auch die Einstellung der Fraktion Bürger für Wurzen zum Thema deutlich: Im Rahmen einer im Tagesordnungspunkt „Anfragen der Stadträte“ vom BfW-Vorsitzenden Thomas Schumann vorgetragenen Stellungnahme, die großenteils aus Rechtfertigungen und Richtigstellungen vermeintlich falscher Berichte in Online-Medien bestand, erklärte dieser, die fragliche Stelle der Kämmerin sei überhaupt nicht unbesetzt, die Stelleninhaberin sei lediglich krank!