Stadtverwaltung und Gymnasium äußern sich zu Blühwiesenprojekt

Stadtverwaltung und Gymnasium äußern sich zu Blühwiesenprojekt

Während im Rahmen der Sitzung des technischen Ausschusses am 02. März weder die Schulleitung noch der in der Stadtverwaltung verantwortliche Mitarbeiter Michael Zerbs großes Interesse zeigten, das von ihnen auf der Fläche vor dem Wurzener Gymnasium geplante Blühwiesenprojekt der Öffentlichkeit zu präsentieren, gibt es auf konkrete Anfrage nun von beiden eine Stellungnahme.

Interessant dabei ist vor allem, inwieweit sich das Schul-Projekt von dem unterscheidet, das zuvor die Jugendlichen der Wurzener Ortsgruppe von Fridays for Future auf der betreffenden Fläche begonnen haben.

Diese hatten sich Anfang 2020 vorgenommen, die bis dahin ungenutzte und regelmäßig kurz gemähte Grünfläche in eine Naturwiese zu verwandeln, die heimischen Tieren und Pflanzen Lebensraum bieten sollte.

Die Umsetzung sollte denkbar einfach geschehen, nämlich, indem die Wiese aus der Dauermahd genommen und nur noch einmal im Jahr geschnitten werden sollte – dabei wollten die Jugendlichen erforschen, wie sich die Zusammensetzung der Wiese im Lauf der Jahre verändern würde und welche Tiere und Pflanzen sich unter den dann für sie optimalen Bedingungen sozusagen „von selbst“ dort ansiedeln.

Das Verfahren bot sich schon deshalb an, da der Untergrund der Fläche aus grobem Schotter besteht, der Boden also nicht gut maschinell bearbeitet werden kann und somit eine angesäte „künstliche“ Blühwiese schon wegen des bestehenden Grasbewuchses nicht ganz einfach umzusetzen ist.

Nachdem die Jugendlichen im vergangenen Jahr bereits zahlreiche für Bienen und andere Insekten wichtige Pflanzen auf der Wiese identifizieren und dokumentieren konnten, wurde das Projekt vonseiten der Stadtverwaltung durch Michael Zerbs jedoch im Dezember überraschend gestoppt mit der Begründung, fortan wolle die Schule diese Fläche für ein eigenes Projekt nutzen.

Der wohl wichtigste Unterschied der beiden Projekte ist bereits jetzt augenfällig: Während von vielen Experten die Meinung vertreten wird, dass Blühwiesen umso bunter und artenreicher werden, je ärmer sie sind, das heißt, je weniger Nährstoffe im Boden vorhanden sind, gehen die Fachleute von Stadtverwaltung und Gymnasium erst einmal den entgegengesetzten Weg: Wie aus der Stellungnahme zu entnehmen und auf dem obigen Foto zu sehen, wurde auf der Fläche zunächst eine Schicht Humus ausgebracht.

Darin enthalten sei, so Stadtsprecherin Conny Hanspach, speziell auf den Untergrund und auf den geografischen Standort angepasster Samen für Blühwiesen. Des Weiteren enthält der aufgebrachte Humus laut Conny Hanspach sogenannte Schnellbegrüner. „Die sogenannten Schnellbegrüner werden als erstes aufgehen, die Fläche begrünen und müssen dann gemäht werden. Da die Mahd liegen bleibt, wird sie Beschattung im Wurzelbereich sein und damit für ein gutes Klima für die später keimenden Pflanzen sorgen.“, heißt es in der Stellungnahme.

Die Unterschiede zum Projekt von FFF sind hier weniger deutlich, immerhin gibt es auf der Fläche bereits eine dichte grüne Vegetationsdecke, die für ausreichend Schatten im Wurzelbereich sorgen kann – allerdings eventuell auch eine starke Konkurrenz für die jungen Sämlinge darstellen wird. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass Pflanzen sich von selbst an einem für sie ungünstigen Standort ansiedeln würden.

Überhaupt keine Unterschiede zwischen den Projekten gibt es bei der Pflege der Fläche, einzige Ausnahme bildet die in einigen Wochen geplante Mahd der Schnellbegrüner. Ansonsten soll  sich auch beim Projekt der Schule die Pflege auf eine Mahd im Jahr beschränken. „Wenn im Frühherbst die Blumen verblüht sind und die Blumen ausgesamt haben, wird die Wiese gekürzt. Dies wird abgestuft und mit Hand oder Motorsense geschehen, damit sich der Samen gut verteilen kann und junge Pflanzen, die sich erst in der zweiten Jahreshälfte entwickeln, nicht verletzt werden. Das Mahdgut wird ein paar Tage liegen bleiben und dann entsorgt.“, so Conny Hanspach.

Interessant ist die Frage, wie lange die Wiese nun Zeit hat, sich in den von Schule und Stadtverwaltung angestrebten Zustand einer „Blühwiese, die für trockene Magerstandorte geeignet ist“, zu verwandeln. Immerhin haben die Verantwortlichen das Projekt der Jugendlichen von FFF ja deshalb bereits nach kurzer Zeit gestoppt, weil diese Verwandlung offenbar mit deren Methode nicht schnell bzw. effektiv genug verlaufen ist.

Dazu Conny Hanspach: „Das Projekt ist auf Dauer ausgelegt. Die Gefahr, dass das Ziel nicht erreicht wird, besteht aus Sicht des Fachbereichs, der Schulleitung, des Fördervereins und der beteiligten Schüler*innen nicht. Nicht zuletzt, aufgrund der gezielten Vorbereitungen und Abstimmung mit passendem Saatgut etc.“

Spannend wird in diesem Zusammenhang, inwiefern sich die bisher schon von allein gewachsenen, von daher optimal auf den Standort eingestellten und immerhin schon fest verwurzelten Pflanzen durch die nun aufgebrachte Humus-Samen-Schnellbegrüner-Mischung von ihrer Wiese vorm Gymnasium vertreiben lassen werden und was geschieht, wenn, was immerhin nicht ganz unmöglich scheint, im kommenden Sommer noch kein Blütenmeer vorm Gymnasium bewundert werden kann.

Dann stellt sich eventuell die Frage, ob man das gleiche Ziel, wenn auch vielleicht mit ein wenig mehr Geduld, nicht auch mit der Methode der Jugendlichen von FFF hätte erreichen können. Die Wurzener-Land-Nachrichten werden das Projekt auf jeden Fall wohlwollend-kritisch journalistisch begleiten.