Geplante Baumfällung stößt Debatte über Bürgerbeteiligung an

Geplante Baumfällung stößt Debatte über Bürgerbeteiligung an

Die Initiatoren des Protestes gegen die geplanten Baumfällungen in der Eduard-Schulze-Straße dürfen sich freuen: Wie aus dem Wurzener Stadthaus zu erfahren war, hat Oberbürgermeister Jörg Röglin die Arbeiten vorerst gestoppt. Da Fällungen nur während der Winterpause erlaubt sind, bleiben die Bäume somit voraussichtlich bis zum nächsten Jahresende stehen.

Entsprechend werden auch die Bauarbeiten an der S11 vorerst nicht beginnen, die laut Haushaltsplan für das kommende Jahr vorgesehen waren.

Den entsprechenden Beschluss, der eben auch die Baumfällungen beinhaltet, hatte der Wurzener Stadtrat am 20.07.2021 einstimmig gefasst – nach ausführlicher Vorstellung der Pläne im Technischen Ausschuss am 07.07.2021, der ebenfalls ein einstimmiges Votum abgegeben hat. Laut Sitzungsprotokoll hatte Stadtrat Thomas Schumann (Bürger für Wurzen) im Rahmen der Diskussion explizit nachgefragt, „ob es nötig sei alle Bäume auf der Püttnerstraße zu fällen“.  

Bereits im Vorfeld waren, wie die Straßenausbaubeitragssatzung es vorschreibt, die Anwohner im Rahmen einer öffentlichen Informationsveranstaltung in die Planungen involviert.

Dass die Stadt sich die Entscheidung nicht leicht gemacht hat, betonte der Oberbürgermeister nochmals im Rahmen der jetzt angestoßenen Diskussion. Die zur Fällung vorgesehenen Bäume stünden so dicht am Straßenraum, dass bei den Ausbauarbeiten in deren Wurzelbereich eingegriffen werden muss mit der Folge, dass die Standfestigkeit nicht mehr gewährleistet ist. Neupflanzungen entlang der Trasse sind daher auch in größerer Entfernung vom Straßenkörper und mit entsprechenden Sicherungsmaßnahmen vorgesehen.

Geplant ist der Ausbau der S11 bereits seit vielen Jahren, um die prekäre Verkehrssituation zwischen Bahnhofstraße und Oelschützer Straße zu verbessern. Zum einen muss die Straße den Schwerlastverkehr aus der Wasserglasfabrik tragen, zum anderen befinden sich hier zwei Kindertagesstätten und eine Grundschule, was regelmäßig zu Stoßzeiten, wenn die Kinder gebracht oder abgeholt werden bzw. Schulbusse ankommen und abfahren, zum Verkehrschaos führt. Hier sollen die geplanten Parkflächen für mehr Sicherheit sorgen. Allerdings ist die Umsetzung, da es sich um eine Staatsstraße handelt, an die Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV) gebunden.

Die derzeitige Debatte um Sinn oder Unsinn der Baumfällungen wirft nicht zuletzt auch die Frage auf, weshalb sich die an der Erhaltung der Bäume interessierten Aktivisten erst jetzt, lange nach der Beschlussfassung, zu Wort melden. Denn Intransparenz oder mangelnden Respekt vor dem Bürgerwillen kann man dem langjährigen Wurzener Oberbürgermeister nun gerade nicht vorwerfen. Ein Beispiel dafür, dass die Stadt bei wichtigen Entscheidungen auf ihre Bürger hört, ist unter anderem die Diskussion um die Erhaltung der Grundschule an der Sternwarte, die intensiv, kontrovers und konstruktiv mit Lehrern und Eltern geführt wurde – mittlerweile sind die Sanierungsarbeiten, die insgesamt mehr als eine Million Euro gekostet haben, so gut wie abgeschlossen.

Dass solche Diskussionen, die durchaus zuweilen sehr zeit- und kraftraubend sein können, auf sachlicher Grundlage geführt werden können und die Wurzener Bürgerinnen und Bürger überhaupt in der Lage sind, sich selbst ein objektives Bild zu machen, ist keine Selbstverständlichkeit und ebenfalls ein Verdienst von Jörg Röglin. Als einer der ersten Gemeindeoberhäupter in der Region hat er bereits vor Jahren ein öffentlich zugängliches Ratsinformationssystem für die Stadt etabliert. Hier können Termine und Tagesordnungen sämtlicher Sitzungen von jedermann eingesehen werden, ebenso die meisten Beschlussvorlagen und zugehörigen Anlagen und Pläne sowie die Sitzungsprotokolle.

Zudem hat er dafür gesorgt, dass schon die Vorberatungen in den Ausschüssen, die bis dahin meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, nunmehr öffentlich geführt werden. Interessierte können so bereits im Vorfeld der Stadtratsentscheidungen Einblick in die Planungen erhalten und haben dann bis zur endgültigen Beschlussfassung rund zwei Wochen Zeit, sich ggf. bei den zuständigen Verwaltungsmitarbeitern näher zu informieren, sich mit den Stadträten auszutauschen bzw. Bürgerinitiativen oder Unterschriftensammlungen zu starten.

Die Rahmenbedingungen für Bürgerbeteiligung sind demnach vorhanden – was gebraucht wird, sind mündige Bürgerinnen und Bürger, die die angebotenen Möglichkeiten im Rahmen demokratischer Entscheidungsfindung auch nutzen.

Die Beschlussunterlagen zur Baumaßnahme S11 können im Ratsinformationssystem der Stadt, Sitzung Technischer Ausschuss vom 07.07.2021, eingesehen werden.

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