Neue Kämmerin für gut gefüllte Stadtkasse

Neue Kämmerin für gut gefüllte Stadtkasse

Rund zweieinhalb Jahre musste die Wurzener Stadtverwaltung ohne Kämmerin auskommen – welche Belastungen dies für Mitarbeiter und Oberbürgermeister bedeutet hat, kann man als Außenstehender wohl nur in Ansätzen nachvollziehen.

Schwer nachvollziehen lassen sich auch die Gründe dafür, denn seitens der Verwaltung wurden bereits vor anderthalb Jahren die nötigen Schritte zur Neubesetzung der krankheitsbedingt offenen Stelle eingeleitet. Obwohl es mehrere vielversprechende Bewerber gab, war die Stellenbesetzung jedoch immer wieder am Abstimmungsverhalten vor allem der Fraktionen von CDU und Bürgern für Wurzen gescheitert.

Dies hatte unter anderem Stadtrat Peter Poppe (Die Linke) im Januar 2021 in einer öffentlichen Stellungnahme zu der Vermutung gebracht, es gehe offenbar nicht darum, Probleme zu lösen, sondern mit Blick auf die bevorstehende Wahl des künftigen Stadtoberhauptes die Arbeit der Verwaltung zu behindern. Die im Rahmen der Beschlussfassung am 31. Mai von Stadtrat Kay Ritter (CDU) geäußerte Einsicht, die Kämmerin sei immerhin nach dem OBM die zweitwichtigste Person in der Verwaltung, hätte man sich vor diesem Hintergrund erheblich früher gewünscht.

Infolge der Personalnot musste die Erstellung des Stadthaushaltes 2021/22 mit externer Hilfe gestemmt werden, zuletzt hatte OBM Jörg Röglin die Haushaltsdiskussion mit der Begründung verschoben, dass er ohne die Unterstützung von qualifiziertem Fachpersonal nicht sicher sei, welche Risiken daraus für die Stadt entstehen würden – letztendlich hatte die Kommunalaufsicht aber grünes Licht dafür gegeben, den Haushalt auch ohne Finanzfachbedienstete zu verabschieden.

Seit 01. Juni hat Wurzen nun endlich wieder eine Kämmerin: Sissy Zimmer, bisher in der Verwaltung für den Sachbereich Strategie, Controlling und Beteiligung zuständig, war im April in nichtöffentlicher Sitzung vom Stadtrat zur Fachbereichsleiterin Finanzmanagement bestellt und hernach am 31. Mai in öffentlicher Sitzung als Fachbedienstete für Finanzwesen berufen worden.

Möglich wurde die interne Stellenbesetzung dadurch, dass abweichend vom Personalentwicklungskonzept Kämmerei und Personalwesen, bis dahin in Personalunion, getrennt wurden – künftig soll der fürs Personal zuständige Fachdienst interner Service als eigener Stabsbereich dem Oberbürgermeister unterstellt werden.

Leere Kassen findet die frisch gebackene Wurzener Kämmerin nicht vor, ganz im Gegenteil: Dass die Wirtschafts- und Haushaltspolitik der letzten Jahre offenbar richtig war, zeigen die aktuellen Zahlen. Laut Information von Oberbürgermeister Jörg Röglin im Dezember 2021 konnte die Stadt mit Blick auf die erwirtschafteten Erträge im Jahr 2019 die geplante Summe um 1,3 Mio. Euro übertreffen, sogar unter den durch Corona schwierigen Bedingungen 2020 gab es ein Plus von rund 300.000 Euro.

Für 2021 lag der Ertrag allein bei den Gewerbesteuern statt der im Haushalt geplanten 6 Mio. Euro bereits vor Jahresende schon bei 7,9 Mio. Euro. Dass es der Wurzener Wirtschaft gut geht, zeigen nicht zuletzt auch die Arbeitslosenzahlen, die in den letzten Jahren im Arbeitsamtsbezirk Wurzen kontinuierlich auf dem niedrigsten Stand im Landkreis liegen.

Wenig Sorgen dürften der neuen Kämmerin auch die städtischen Schulden machen. Während der Amtszeit von Jörg Röglin wurden nicht nur keinerlei neue Kredite aufgenommen, sondern auch der Schuldenstand von rund 13 Mio. Euro im Jahr 2008 kontinuierlich auf rund 5 Mio. zum Jahresende 2022 abgeschmolzen,

Deutlich sichtbar äußert sich die positive Entwicklung im Bestand an liquiden Mitteln: Anstelle der zum Jahresbeginn geplanten knapp 12 Mio. Euro hatte die Stadt laut einer aktuellen Aufstellung der Verwaltung am 1. Januar 2022 mehr als 16 Mio. Euro auf der hohen Kante – eine Entwicklung, die der Oberbürgermeister bei allem Stolz auf das Erreichte auch durchaus kritisch sieht, denn „wir sind eine Kommune und keine Bank“, was bedeutet, dass die Stadt eigentlich die Aufgabe hat, das Geld nicht zu horten, sondern im Interesse ihrer Bürger sinnvoll  zu investieren.

Ganz so einfach ist das allerdings nicht, denn bei allem guten Willen hängen, will man wirtschaftlich arbeiten, viele Investitionen davon ab, ob und wann begleitende Fördergelder fließen, und letztendlich auch davon, ob und wann die nötigen Baugenehmigungen da sind. Das Problem: Sobald ein Vorhaben im Haushalt geplant wird, müssen die dafür nötigen Eigenmittel vorgehalten und können nicht für andere Dinge ausgegeben werden. Entsprechend führen sich ewig hinziehende denkmalschutzrechtliche Genehmigungsverfahren wie z. B. beim Wasserturm oder beim Ringelnatzhaus dazu, dass erhebliche Geldmittel über Jahre im städtischen Haushalt gebunden werden.

Zumindest einige zusätzliche Investitionen konnte die Stadt aus den erwirtschafteten Überschüssen aber immerhin realisieren, so flossen z. B. rund 400.000 Euro in die Ausstattung der Kitas Sonnenschein und Spatzennest, 40.000 Euro in die Optimierung des Stadtverkehrs, 60.000 Euro in die Kirche St. Wenceslai, 120.000 Euro in die Dachsanierung der Püttner-Sporthalle, 50.000 Euro in die Sporthalle Kühren, 105.000 Euro in die Ausstattung des Gymnasiums mit Beamern und 110.000 Euro in die Erschließung des Wohngebietes Eilenburger Straße. Auch den durch Corona bedingten Mehraufwand konnte die Stadt aus den Überschüssen abdecken, insgesamt mehr als 400.000 Euro.

Quelle: Stadtverwaltung Wurzen, Ratsinformationssystem der Stadt Wurzen